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Man pflegt ihn daher als einen Ring zu beschreiben, der aus einem vorderen und hinteren Bogen und den zwei Seitenmassen bestehe. Die Betrachtung eines noch jugendlichen Atlas (Fig. 2)

Fig. 2.

ergiebt jedoch, daß alle wesentlichen Theile des Wirbels auch hier vorhanden sind. In der vorderen Hälfte des Ringes liegt, wie gewöhnlich, der Knochenkern (k) für den Wirbelkörper, nur ist er von Anfang an klein und sein Wachsthum hört frühzeitig auf, so daß er nur zu einem flach vorspringenden Höcker wird. Ursprünglich durch eine lange Knorpelstrecke getrennt, schließen sich daran die Bogenstücke (b, b), jedes mit einer besonderen Knochenanlage, an der man Querfortsatz, Gelenkfortsätze und Wirbeladerloch unterscheiden kann; sie werden zu den verhältnißmäßig starken Seitenmassen, deren ausgehöhlte Gelenkflächen die bewegliche Verbindung mit dem Kopfe sichern. Denn der Atlas besitzt, um die großen seitlichen Drehungen des Kopfes möglich zu machen, weder nach unten, noch nach oben jene Zwischenknorpel, welche wir an allen übrigen Wirbeln vorfinden. Endlich der hintere Abschnitt des Ringes zeigt in der Mitte einen schwachen Vorsprung, die Andeutung des Dornfortsatzes (d), dem zwei gesonderte Knochenkerne als Grundlage dienen.

Durch diese merkwürdige und höchst zweckmäßige Gestaltung bildet der Atlas den günstigsten Uebergang zu den Schädelwirbeln, deren Wirbel-Natur ungleich schwieriger zu erkennen und daher auch erst seit verhältnißmäßig kurzer Zeit bekannt geworden ist. Der Schädel des Menschen, wie der höheren Wirbelthiere ist seiner Hauptsache nach aus drei, auf einander folgenden

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Rudolf Virchow: Menschen- und Affenschädel. C. G. Lüderitz’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1870, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Virchow_-_Menschen-_und_Affensch%C3%A4del_-_10.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)