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Schwäbische Kunde.

Als Kaiser Rothbart lobesam
Zum heil’gen Land gezogen kam,
Da mußt’ er mit dem frommen Heer
Durch ein Gebirge, wüst und leer.

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Daselbst erhub sich große Noth,

Viel Steine gab’s und wenig Brot,
Und mancher deutsche Reitersmann
Hat dort den Trunk sich abgethan.
Den Pferden war’s so schwach im Magen,

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Fast mußt’ der Reiter die Mähre tragen.

Nun war ein Herr aus Schwabenland,
Von hohem Wuchs und starker Hand,
Deß Rößlein war so krank und schwach,
Er zog es nur am Zaume nach,

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Er hätt’ es nimmer aufgegeben

Und kostet’s ihn das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
Hinter dem Heereszug zurück,
Da sprengten plötzlich in die Queer

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Fünfzig türkische Reiter daher,

Die huben an, auf ihn zu schießen,
Nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht’ sich nit,
Ging seines Weges Schritt vor Schritt,

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Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken

Und thät nur spöttlich um sich blicken,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0287.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)