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David.

In der Musik ließ ich dich unterweisen
Auf dein inständig Flehen.

Absalon.

Traun! Ihr trefft
Die rechte Saite, die Ihr nie noch traft.
Als ich ein Knabe war, da kamen oft
Die Harfner wandernd, vor des Vaters Thür.
Sie dünkten theure Boten mir zu seyn
Aus einer Welt von vollern Harmonien,
Nach der sie heisses Sehnen mir erweckten.
Und bald verließ ich meiner Eltern Heerd,
Als wollte ich suchen das gelobte Land,
Wo jene Himmelssprache der Musik
Gesprochen würde – weh! ich kam zu Euch,
Dem Antipoden der melodischen Zone.

David.

Ha! stammt nicht mein tonliebendes Geschlecht
Vom König David her, der Harfner erstem?

Absalon.

Von König David und Bathseba wohl,
Drum blieb zum Fluch Euch der unsel’ge Hang.

David.

So sucht’ ich dich umsonst mir zu verbinden,
Da ich den Namen Absalon dir gab
Und väterlich die Kunst in dir gepflegt?

Absalon.

Ich weiß es nicht, durch welchen Höllenzauber
Ihr mich gerissen aus der Christenheit
Und fest mich haltet in verhaßtem Bann.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)