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Lauf der Welt.


An jedem Abend geh’ ich aus,
Hinauf den Wiesensteg.
Sie schaut aus ihrem Gartenhaus,
Es stehet hart am Weg.

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Wir haben uns noch nie bestellt,

Es ist nur so der Lauf der Welt.

Ich weiß nicht, wie es so geschah,
Seit lange küss’ ich sie.
Ich bitte nicht, sie sagt nicht: ja!

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Doch sagt sie: nein! auch nie.

Wenn Lippe gern auf Lippe ruht,
Wir hindern’s nicht, uns dünkt es gut.

Das Lüftchen mit der Rose spielt,
Es fragt nicht: hast mich lieb?

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Das Röschen sich am Thaue kühlt,

Es sagt nicht lange: gib!
Ich liebe sie, sie liebet mich,
Doch Keines sagt: ich liebe dich!

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 037. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0037.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)