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mit meiner ganzen Ehre bürgen. Alle diese herrlichen Eigenschaften finden sich nicht nur bei den eingebohrnen Rittern dieses Landes, sondern sie pflanzen sich auch auf auswärtige Ankömmlinge fort. Einen solchen habe ich die Gnade zu kennen. Als er hierher kam, war er freundlich und herablassend gegen jedermann, sprach mit dem ärmsten Bettler wie mit seines Gleichen, und half, wo er helfen konnte. Doch kaum hatte er nur ein wenig in den Zirkel der hiesigen Großen geschmeckt, als plötzlich alle diese ihn verehrungswürdig gemachte Vorzüge verschwanden und er sich dem großen Haufen gleich stellte. Unter den übrigen schönen Eigenschaften zeichnen sich dann noch besonders diese aus. Ich habe oft im Theater und auch auf der Straße bemerkt, daß man den Laien mit der größten Dreistigkeit durch eine Lorgnette in’s Gesicht schaut, gerade als ob man viel Wichtiges darinn zu sehen hätte. – Als einen Beweis des adlichen Stolzes und Großsprechens mag dir auch dieses gnug seyn, daß man sich oft mit verschiednen Kunstgriffen durch den Schwall von Bedienten, der vor den Thüren solcher Paschas Hof hält, durchdringen muß, ehe man das unaussprechliche

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/99&oldid=- (Version vom 22.11.2023)