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französische Leichtigkeit und Munterkeit eingeführt. Allein die Kinder sind so steif und plump, daß es kaum anzusehen ist. Wer am meisten den Kopf in die Höhe zu werfen und am richtigsten die Schritte abzuzählen weiß, kann sich den vorzüglichsten Beifall erwerben.

So wie die adliche Jugend in den Ritterzeiten in’s Ausland reis’te, um Abendtheuer zu bestehen, und sich Thatenruf zu erkämpfen, eben so pflegt es auch noch heut zu Tage, doch mit einem auffallenden Unterschied, zu geschehen. Jene bekamen nichts als eine Lanze, ein Schwerdt, ein Pferd und die Tugend ihrer Väter zur Aussteuer mit, da man hingegen diese reichlich mit Geld und kostbaren Kleidern ausrüstet. – Die Gemeinstraße, worauf fast alle itzigen Ritter wandern, ist der Weg nach Frankreich und seiner Hauptstadt. Wer diese nicht gesehen hat, darf, ohne verachtet zu werden, in keiner öffentlichen Gesellschaft erscheinen. Da wird dann viel von neuen Moden und dem großen Ton, als dem Endzweck der ganzen Reise, gesprochen, und man freut sich, hierinnen immer mehr Kenntnisse zu sammlen.

Empfohlene Zitierweise:
Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/96&oldid=- (Version vom 22.11.2023)