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groß, daß Hartleben sein Direktorat niederlegte und die Gesellschaft größtentheils aus einander gieng. Nun hat man bei dem Buchhändler Sartorius eine neue angefangen, deren Einrichtung völlig dem Zwecke einer Lesegesellschaft entspricht.

Es giebt übrigens nur eine Lesebibliothek in Mainz, wo Jeder für sein Vergnügen ein Buch haben kann. Dies ist die schöne Sammlung von Ingelheim, einem aufgeklärten Juden. Das Fach der Romane und Schauspiele ist bei ihm am stärksten besetzt, doch findet man auch juristische, medizinische, kameralistische Bücher, und besonders eine starke Sammlung der besten Reisebeschreibungen bei ihm. Schade, daß der Mann der Censur zu sehr unterworfen ist, denn er darf manche vortrefliche protestantische, und auch katholische Bücher nicht führen. Diesem sucht er dann auch aufs pünktlichste nachzukommen. Ich wollte ihn selbst einigemal in Versuchung führen, und bot ihm eine ansehnliche Belohnung, wenn er mir etliche Artikel aus dem catalogo librorum prohibitorum verschaffte. Allein alle Versprechungen konnten ihn nicht dazu verleiten, und dies kann einen Beweis seiner Uneigennützigkeit abgeben.

Empfohlene Zitierweise:
Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/60&oldid=- (Version vom 22.11.2023)