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setzen, allein was hilft auch dies, wenn die jungen Herrn angesehene Freunde unter den Grossen haben, oder wohl gar selbst Söhne von Fürstenlieblingen sind. Ueberhaupt soll der jetzt regierende Herr nicht so sehr mehr wie ehedessen auf die Reinigung seiner Armee bedacht seyn. Doch kann man ihm dieses nicht so sehr zur Last legen, wenn man bedenkt, daß er seine Regimenter nur blos zum Prunk hat, und seine Länder gegen Feinde damit nicht vertheidigen oder gar andere erobern will. Daher ist auch die strenge Zucht größten Theils abgeschaft. Von Todesstrafen unter dem Militär hört man nur höchst selten, und glaube, daß man unter dem jetzt regierenden Fürsten kein Beispiel davon aufweisen kann, daß ein Soldat zum Strang oder Arquebusiren verurtheilt worden. Ueberhaupt kann ich ein Verfahren dieser Art ausser Kriegszeiten keineswegs billigen. Denn warum soll man einen armen Kerl, der desertirt, einige Kreuzer gestohlen, oder gegen die Subordination etwas gefehlt hat, gleich zum Tode verdammen? da man ihn immer mit andern Strafen belegen, oder bei der Desertion sich an seinen Gütern erhohlen kann? Besser ist’s, man führe die gelinden Grundsätze des

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Anonym (= J. N. Becker): Ueber Mainz. In Briefen an Freund R.. , Auf einer Rheininsel [= Frankfurt/Main] 1792, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Mainz_(1792).pdf/114&oldid=- (Version vom 22.11.2023)