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Gislenopolis, Fanum D. Gislenii, ein kleines Städtlein im Hennegöw / dardurch der Fluß Heine / Hene / oder Haina, lauffet / so dem gantzen Land den Namen gibt. Es wird dieses Städtlein von dem sehransehenlichen Closter allda / also genennet / dessen Abbt / (heutigs Tags der Bischoff zu Tornick) auch in dem Zeitlichen Herr dieses Orts ist. Die Mönch seyn Benedictiner Orden / und hat S. Gislenus selbsten / umbs Jahr 650. solches Closter zu erbauen angefangen / in welchem S. Sulpitius, der Bischoff zu Bajonne in Franckreich / ruhet. In der Pfarrkirchen dieses / zwischen Valensin / und Bergen im Hennegau / an einem sumpffigen Ort / gelegenen Städtleins / ligen die Heiligen Lambertus, und Berlerius, deß gedachten H. Gisleni Lehr-Jünger / begraben. Anno 1581. seyn die von Tornik / so damaln nicht gut Spanisch gewesen / durch den Fluß Haine / bey der Nacht ins Städtlein kommen / und mit todtschlagen / und plündern / da übel gehauset. Es ist aber der Orth von den Spanischen gleich wieder erobert worden.


Hall im Hennegöw / Halle / Hallae, Eine Stadt an den Gräntzen Brabants / und drey Meilen von Brüssel gelegen / so wegen des herrlichen Tempels / und der Wallfahrt dahin zu einem Marienbild / berühmt ist. Daher auch solcher Ort ins gemein Nostre Dame d’Haulx genennet wird. Mit der Geistlichen Jurisdiction ist er dem ErtzBischoff zu Camerich / mit der Weltlichen aber dem König in Spanien / als Graffen zu Hennegöw / unterworffen. Hat den Namen von der Verwahrung oder Huet / als wie auch anderswo die Gebäude / in welchen Güter / und Menschen / vor dem Gewitter versichert / und verwahret sey / Hallen genannt werden. Ist ein kleiner / und schlecht gebauter Hennegöwischer Ort; der Boden aber herumb ist gut / und ein schöne fruchtbare Ebne / dardurch / wie auch die Stadt / der Fluß Senne lauffet / und von hinnen auff Brüssel kommet. Das Schloß soll vorzeiten ein Sitz der Herren dieser Landsart gewesen seyn / allda sich auch Hertzog Philippus der Kühne von Burgund / Königs Caroli des Fünfften in Franckreich Bruder / (so durch Heurat / wie anderswo gesagt worden / zu Brabant / Flandern / und andern Ländern / gelangt ist) offtmals auffgehalten haben solle; der auch Anno 1404. in dieser Stadt / zwar nicht im Palast / oder Schloß / sondern in dem Wirtshauß zum Hirschen / wie Jacobus Meyerus lib. 14. Rer. Flandricar. fol. 251. berichtet / und welche Gastherberg noch allhie ist / gestorben. Das Eingeweid war in der obgedachten Kirchen / das Hertz zu S. Denis in Franckreich / und der Cörper zu Dijon in Burgund / begraben. Als man ihn von hinnen nach Atrecht geführt / so hat man ihme daselbst die Leichbegängnuß gehalten / und sich seine hinterlassene Wittib Margaretha, aller erfahrenden Haab und Güter / mit Niederlegung deß Beuttels / oder Taschen / der Gürtel / und Schlüssel / wegen deß grossen Schuldenlast dieses ihres verstorbenen Herrns / verziehen. Es ligt aber obgedachter Tempel mitten in der Stadt / und beym Marckt / und ist ein schönes Gebäu / auff dessen lincken Seiten / wann man hinein gehet / ein kleine Capellen / und Altar / und auff solchem das obangedeute S. Marien-Bilde / so die H. Elisabeth vor Zeiten gehabt hat. Ist ungefehr 2. Schuh hoch / und von lauterm Holtz / aber mit feinem Gold überzogen. In einem Arm hält sie ihr Söhnlein / in dem andern ein verguldte Lilienblum. Auff der Brust hat sie 6. reine und grosse Perlein / und in der mitte einen Rubinstein: auff dem Haupt aber eine Cron von purem lauterm Gold. Alle Jahr / wird den ersten Sontag deß Herbstmonats / ihr zu Ehren / ein grosses Fest gehalten / darbey insonderheit von zwölff Städten und Marcktflecken / als Atte / Tornick / Brüssel / Valensin / Condet / Namur / Lembeck / Quijurane / Crespin / Braine / Busigniack / und Santen / die Abgeordnete erscheinen; denen die Geistlichkeit / samt dem Magistrat zu Hall / entgegen kommen / sie ehrlich empfahen / zur Kirche / und dem besagten Bilde führen; und ihnen an Wein / und Speise / Verehrung thun; hergegen die Abgeordnete / jede vor

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Matthäus Merian: Topographia Circuli Burgundici. Matthaei Meriani Seel: Erben, Frankfurt am Mayn 1665, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Circuli_Burgundici_(Merian)_420.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2024)