Seite:Temme Die Volkssagen der Altmark 082.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sprossen einer Leiter gezogen; dadurch bekommt es Erleichterung.

Der Glaube, daß das Kind ausgetauscht werden könne, ist besonders in diesem Winkel sehr stark. Man fürchtet, daß die unter der Erde wohnenden kleinen verwachsenen Zwerge, die man hier nicht Dickköpfe, sondern die Unterirdischen nennt, und die nichts lieber als hübsche, wohlgestaltete Menschenkinder zu haben wünschen, das neugeborne Kind wegnehmen und ihre eigenen verwachsenen Kinder, die man Wechselbälge nennt, dafür hinlegen würden. Deshalb wird hier ganz besonders mit der Taufe geeilt, und bis zu derselben Mutter und Kind keinen Augenblick allein gelassen; auch muß bis dahin immer ein Licht bei ihnen brennen, selbst am hellen Tage, weil vor dem Lichte die Unterirdischen sich fürchten.

Bei dem Einwickeln des Kindes zum Taufen wird ein beschriebenes Stück Papier mit eingewickelt. Was darauf geschrieben steht, ist gleichgültig, aber fehlen darf es nicht, weil sonst leicht bei der Taufe eine Hexerei vorgehen könnte.

Eine Wöchnerin, die zum ersten Male niedergekommen ist, darf ja nicht zu früh die Wäsche wechseln, weil sie sonst alle Jahre ein Kind bekommen würde.

Herangewachsene Kinder dürfen nicht ans Wasser gehen, denn darin sitzt die Wassernix, die auf sie lauert und sie herunterholt.

Auch an das Korn dürfen die kleinen Kinder nicht kommen, denn darin sitzt die alte Roggenmöhr (Muhme); die hat eine schwarze Brust, daran legt sie die Kinder, wovon sie leicht sterben können. -

Bei Krankheiten wird besonderes Gewicht auf den Abgang gewisser Thiere gelegt. Gegen die Rose hilft der Abgang einer schwarzen Katze; gegen den Husten der Abgang von einem schwarzen Hunde; der Abgang selbst muß

Empfohlene Zitierweise:
Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)