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traurig, doch gemildert durch das gegenseitige Versprechen eines fleißigen Briefwechsels.

Ferdinand bezog also die Universität, Crescentia aber wurde zu einer Tante in die Residenz geschickt, um daselbst der Zeitsitte gemäß sich für ihre künftige Bestimmung vollendend auszubilden. Die Tante gehörte zu der großen Welt, und versäumte nichts, um die Talente ihrer Pfleglingin zu entwickeln und in’s rechte Licht zu stellen. Das Mädchen trat in größeren Gesellschaften auf, erregte Aufsehen, und hatte bald die Wahl unter Begleitern auf den Ball und in’s Theater. Ihr nur zu reizbares Herz versank in einen Strudel von Zerstreuungen. Darüber verlor das Andenken an ihren Ferdinand bald an Kraft und Innigkeit. Seine Briefe, voll Schwärmerey und Leidenschaft, riefen zwar anfangs das geliebte Bild noch oft in ihre Seele zurück, aber nach und nach wurde es immer tiefer in den Hintergrund ihres Gemüthes verwiesen, und ihre Antworten wurden kälter und seltener. Ferdinand beschwerte sich; darüber wurde sie empfindlich und oft bitter. Der gute Jüngling litt unaussprechlich, während Crescentia sorglos und unbekümmert auf dem Pfade des Leichtsinns und der Gleichgültigkeit forttaumelte.

Unter mehreren Bekanntschaften, welche Crescentia damals mit jungen Männern hatte, wurde dem Baron von Lindholm bald die erste Stelle eingeräumt. Die Tante,

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)