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heyrathen und sich niederlaßen; er scheint dagegen gleichsam verdammt zu sein, lebenslang mit seinen Händen einen für seinen eigenen Erwerb undankbaren Boden zu durchwühlen, um eine für sein physisches und moralisches Wohl wenig bekümmerte Herrschaft zu bereichern. – Man kann von seinen Pflanzenleben dreust behaupten, er existirt blos, um zu frohnen – zu dulten und – wiederzusterben. Er sucht in der Ehe mehr Befriedigung des Naturtriebs als häusliches Glück, denn er zeugt doch nur wieder Seinesgleichen, die seine untergeordnete Laufbahn künftig von neuen beginnen und ihn kein sorgenfreyes Alter verschaffen können. Ein Glück für ihn ist das Fortschlummern seiner Geisteskräfte; – er fühlt dadurch sein Unglück weniger, und glaubt, da er sich rundherum, von seines Gleichen umgeben sieht, es kann nicht anders sein, denn so barbarisch oft ein großer Theil dieser Landedelleute und ihre Administratoren sind, die jedes geringe Vergehen, jede Verspätigung in ihren Geschäften körperlich strenge bestrafen, so kriechend, sind ihre Unterthanen, die mit ihren wunden Körper noch diejenige Hand dankend küßen müßen, die sie oft unmenschlich züchtigte. – Die geringste einen solchen Pohlen erzeigte Gefälligkeit erwiedert er durch tiefe Verneigung, Umfaßung der Knie des Gebers, oder durch förmliches Niederfallen auf seine Knie selbst. – Da nicht wahre innig fühlende Dankbarkeit, sondern blose angestammte Gewohnheit die Triebfeder dieser Devotion sind, so ist es für einen die MenschenRechte ehrenden Deutschen widerstehend, für ganz unbedeutend erzeigte und kaum eines Dankes würdige Verbindlichkeiten gewaltsam sich dieser Danksbezeigungen erwehren zu müßen. Doch, daß diese Ausdrücke bei ihnen nur formell sind, und das Herz keinen Antheil hieran hat, so erwarte man von ihnen ja keine Gegengefälligkeiten, sie sind größtentheils dagegen taub oder wollen sie nicht verstehen; nur Drohungen oder wirklich angewendete Härte können sie hierzu vermögen. Die Triebfedern

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F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0024.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)