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die meine Aufmerksamkeit reizten, und wo es währenden Marsches die kurze Zeit nicht erlaubte, Erkundigungen einzuziehen, welche dem Nachstehenden zum Grunde liegen:

Landesart.     Die vorbezeichneten Gegenden Pohlens, von Fraustadt[1] längst der Oberschleßischen Grenze bis an die Weichsel, sind im Durchschnitt mehrst flach als bergicht, bestehen größentheils aus sandigen Boden und haben sehr viele und große Waldungen aus Laub- und Nadelholz aller Art.

     Pohlens größter Erwerbs- und Handelszweig, besteht wie allgemein bekannt in den Erzeugnißen eines ansehnlichen Getreydebaus, welches sonst größtentheils über Danzig und andere Häfen gegen den Eintausch von Colonial und andere Waaren, auch baaren Geldes nach England abging. Der beträchtliche Flächen Inhalt, und eine auf diesem Raume mit andern Provinzen Deutschlands im Verhältnis nicht gleichkommende Menschenzahl, überlaßen dem Adel eine größere Anzahl von Grundstücken, als wie sie durch ihre Unterthanen, oder im richtigern und allgemein angenommenern Sinne Leibeigene genannt, mit Nuzen bewirthschaften laßen können, denn sehr oft trift man Strecken, von über eine Stunde Weges nach mehreren Richtungen überall aus Feldbau bestehend an, wovon der Besizer nur Eigenthümer eines ganz unbedeutenden kleinen Dorfes ist. Daher dieser Überfluß von Gedreyte, der bei einer zweckmäßigern Cultur des Bodens noch weit mehr ergiebiger sein könnte.

Pohlnische Bauerhütte     Da der pohlnische Bauer kein GrundEigenthum besizt, sondern Haus mit Hof und Vieh und Geschirre dem Edelmann zugehört, so bleibt erstern von seiner ganzen Wirthschaft nichts, als wenn er verheyrathet ist, ein Weib mit einer oft ansehnlichen Familie, und ein Meublement seines ganzen Hauses, was man oft mit weniger als 10. [Mk.] auskaufen kann, als wahres Eigenthum übrig. – Bei den mehresten kein Bett, sonders blos ein Lager theils aus alten abgelegten theils noch im Gebrauch habenden Pelzen und Kleidungsstücken

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Fraustadt – das heutige Wschowa
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F. W. Winkler: Bemerkungen über den Feldzug gegen Rußland in den Jahren 1812 und 1813., Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tagebuch_Russlandfeldzug_0019.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)