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gewissen Zahl Rinder und andrer Thiere gesühnt, und die gesammte Sippe nimmt die Genugthuung bindend an, zum Frommen für das Allgemeine, weil Feindschaften, wo Freiheit ist, von größerer Gefahr sind. Den geselligen Mahlen und gastlichen Bewirthungen hängt kein anderes Volk ausschweifender nach. Irgend Einem der Sterblichen das Dach wehren, gilt als Frevel; Jeder empfängt ihn mit einem nach der Habe bereiteten Essen. Wenn das ausgeht, ziehen sie, der eben Wirth war nun als Zeiger einer gastlichen Stätte und als Begleiter, zum nächsten Hause ungeladen. Und dieß thut nichts; mit gleicher Freundlichkeit empfängt man sie. Niemand unterscheidet, was das Recht des Fremden betrifft, den Bekannten von dem Unbekannten. Dem Scheidenden, wenn er etwas verlangt, zu willfahren ist Sitte, und auf der andern Seite die nämliche Unbefangenheit im Verlangen. Sie haben ihre Freude an Geschenken; doch rechnen sie die gewährten nicht auf, und binden sich nicht durch die empfangenen. Das ganze Verhalten zwischen Gastfreunden ist gefällig.

22.

Gleich nach dem Schlafe, den sie meist in den Tag hineinziehen, baden sie, häufiger in warmem Wasser, wie ja bei ihnen das Meiste der Winter einnimmt. Nach dem Bade genießen sie Speise; Jeder hat seinen getrennten Sitz und eigenen Tisch. Hierauf schreiten sie zu Geschäften und nicht weniger oft zu Gelagen, in den Waffen. Den Tag und die Nacht durch Saufen zu verhängen, bringt Keinem Schimpf. Die, wie eben unter Trunkenen, häufigen Zwiste werden selten mit Schimpfreden abgethan,

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Publius Cornelius Tacitus: Die Germania des Tacitus. Freiburg i. Br.: Herder’sche Verlagshandlung, 1876, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tacitus_Germania_Baumstark_24.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)