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werde mir in dem Schluß beypflichten, daß wenn die Neuern durch die Tollheit weiter nichts als eine Verwirrung und Verrükung des Gehirns verstehen, welche durch die von den untern Kräften in die Höhe gestiegene Dünste entstehet, diese Tollheit alsdenn gewiß die Ursach aller der grossen Veränderungen gewesen sey, welche sich zu allen Zeiten in dem Regiment, in der Philosophie, und in der Religion zugetragen haben. Denn das Gehirn, wenn es sich in seiner natürlichen Lage und Ruh befindet, disponiert seinen Eigenthümer ordentlich nach der allgemeinen Weise zu leben, ohne ihm die Gedanken einzugehen, daß er alle Leute zu Sklaven seiner Gewalt, seiner Meynungen und seiner Träume machen wolle. Und je mehr er seinen Verstand durch die Gelehrsamkeit modelt, je weniger ist er geneigt, ein Parteyführer zu werden, weil dieselbe ihn von seinen eigenen Schwachheiten so wol als von der eigensinnigen Unwissenheit des Pöbels überzeuget.

Wenn aber die Phantasie eines Menschen der Vernunft zwischen die Beine hinein kömmt, wenn die Einbildung sich mit den Sinnen raufet, und der allgemeine Verstand zur Thüre hinaus gestossen wird, so ist der erste Proselyt welchen er machet, Er Selbst; und wenn dieses einmal geschehen, so ist es alsdenn so schwer eben nicht, auch andere dazu zu machen, angesehen eine erhizte Einbildung jederzeit eben so stark von aussen als von innen würket. Denn was das Kizeln dem Gefühl ist, das ist der Phantasten Sprache und Träumerey den Ohren und den Augen. Diejenigen

Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/219&oldid=- (Version vom 1.8.2018)