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Nun ade, jetzt reiss ich fort
An ein fremdes Ort,
Muss von dir scheiden,
Soll deiner meiden.

5
„Ach was scheidst Du dann von mir?

Wann seh ich dich wiedrum hier?“
Im grünen Garten
Will deiner warten,
Im grünen Klee

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Ich bei dir steh.


Es habens gesungen
Drei Hammerschmiedsjungen,
Zur guten Nacht
Haben sie’s gebracht.[1]


Hab ein Brünnlein mal gesehen,
Draus thät fliessen lauter Gold,
Thäten dort drei Jungfern stehen,
Gar so schön und gar so hold.

5
Thäten all so zu mir sprechen:

Trinkst du aus dem Brünnelein,
Kriegt dich einer bei dem Kragen,
Wirft dich in den Brunnen n’ein.

Ihr schön Jungfern kühnlich glaubet,

10
Will den Durst nicht löschen hier,

Wenn die schönste mir erlaubet
Einen zwoten Kuss allhier.

Diese mit den schwarzen Augen
Küss ich gern, trau aber nicht;

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Sie kann nur zum Zancken taugen,

Aber zu der Liebe nicht.

Diese mit den grauen Augen,
Diese falsche mag ich nicht;
Kann allein zum Roppen taugen

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Krazt den Buhlen ins Gesicht.


Diese mit den blauen Augen,
Diese küss ich gar zu gern;
Diese kann zur Liebe taugen,
Diese gleicht dem Morgenstern.[2]


Dort oben auf dem Berge
Da steht ein hohes Haus,
Da fliegen alle Morgen
Zwei Turteltäublein raus.

5
Ach wenn ich nur ein Täublein war!

Thät fliegen aus und ein,
Thät fliegen alle Morgen
Zu meinem Schaz hinein.

Ein Hauss wollt ich mir bauen,

10
Ein Stock von grünem Klee,

Mit Buxbaum wollt ichs deken
Und rothen Nägelein.

Und wann das Haus gebaut wär,
Bescheert mir Gott was nein,

15
Mein Schäzelein von achtzehn Jahr

Das soll mein Täublein sein.[3]



  1. Aus der eigenhändigen Niederschrift der Frau Pattberg; einzelne Anklänge in Des Knaben Wunderhorn 1, 205.
  2. Des Knaben Wunderhorn 3, 70, wo die Aufschrift lautet:
    Der Brunnen.
    (Mitgetheilt von Frau von Patberg.)
  3. Aus der eigenhändigen Niederschrift der Frau Auguste Pattberg. In den Kinderliedern des Wunderhorns 3, 93 mit der Aufschrift „Ach wenn ich doch ein Täublein wär“ und folgenden Verwandelungen: „Zu meinem Brüderlein“ (Str. 2 ⁴) und „Ein kleines, kleines Kindelein“ (Str. 4 ³, anstatt der vorletzten Zeile). Vgl. oben S. 97.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. Koester, Heidelberg 1896, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)