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mit jugendlicher Leidenschaft Alles aufbot, um mich meinen Banden ebenfalls zu entreißen. Ich hatte rasch meinen Weg gemacht; ich stehe nahe am Fuße vor Sanct Peters Sitz; dennoch bin ich schwach genug gewesen, Alles, Alles zu vergessen und ihren Bitten, gleich als wäre ich wieder irrsinnig, Gehör zu geben. – Valentine ist hier in Freising. Ich habe ihr zugesagt, in die Welt zurückzukehren, die Mitra fortzuschleudern und sollte ich drüber Protestant werden müssen. – Ich habe das unselige Geheimniß ihr nicht zu entdecken vermocht, noch mehr, ich habe gelobt, sie zu heirathen – und heute, heute noch sollte dies Verbrechen vollzogen werden. – Ich habe gekämpft, gebetet; jetzt aber bin ich wieder, obgleich im Herzen todt, ein Mann, ein Priester, ein Bischof geworden; – aber dennoch bin ich zu schwach, Valentinen ins Auge zu sehen und selbst ihr den Todesstoß zu versetzen. – Meister Christoph, Dir habe ich diese traurige Pflicht auferlegt. Geh zu dem großen Gasthofe, nimm diesen Ring zur Beglaubigung und sage ihr, was Du hörtest und was Du siehst, daß ich wahnsinnig, gemordet sei … Alles was Du willst; aber daß ich kein Verbrecher, sondern Bischof zu Freising sein werde!

Der geistliche Fürst zog, leichenblaß geworden, seinen Ring ab, gab ihn dem Maler, versuchte es vergebens, bei seinen letzten Worten sich eine entschlossene Haltung zu geben, ging aber dann, wankenden Trittes, rasch aus dem Cabinet.

Der ehrliche Maler setzte sich nach langem Sinnen zögernd in Bewegung, überdachte mit schwerem Herzen seine Botschaft und ging dann nach dem „großen Adler“. Die Diener wollten ihn, versichernd, daß die Herrin höchst wichtig beschäftigt sei, abweisen. Er sagte aber: Ich komme von dem hochwürdigsten Bischofe! und die Flügelthüren wurden sofort geöffnet.

Der Saal war leer. Langsam nur ging er zu einem Cabinet, von wo ihm die Stimme einer Dame erklang. Die Thüre war halb geöffnet.

Er sah die edle Frau, im prächtigsten Costüme, mit Haube und Schleier angethan, das schöne blonde Haar reich mit Perlenschnuren und Diamanten geschmückt, an einem Tisch vor seinem Freunde Justus Eccerus, dem juristischen Rathe des Bischofs, sitzen, welcher, das Schreibzeug vor sich, die Feder in der Hand, mit staunender, gespanntester Aufmerksamkeit ihre Eröffnung anhörte.

– Schreibt, Meister Eccerus, sagte Valentine, indeß ihr Blick schwärmerischer, das feine Colorit ihrer Wangen lebhafter wurde, Alles, was ich besitze, soll Eigenthum des Mannes sein, welchen ich heute heirathen werde …

– Aber wer? gnädige Frau … dies ist nothwendig …

– Ihr werdet’s schon erfahren, Doctor! Meldet ferner dem Herrn Kurfürsten und der Majestät meines gnädigsten Kaisers, daß ich, eine reichsunmittelbare Freifrau, falls man Genehmigung meiner Heirath nicht verwillige, mich protestantisch machen und als Protestantin mich unter sächsische Oberhoheit stellen und auf dem Friedenscongreß in Münster und Osnabrück meine Rechte mir sichern werde.

– Dies erschreckt mich mehr, als ich sagen kann! murmelte Eccerus. Gnädige Frau, Sie bedürfen dergleichen Schritte nicht, wenn Sie nicht etwa einem Landesverräther und Geächteten sich vermählen wollen …

– Höret, Doctor Justus … stockte Valentine … Es ist Niemand anders, als Bernward, Bischof von Freising … Begreift Ihr jetzt? –

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)