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alle in Dresden entstanden sind. Aus den Schatullen-Rechnungen Augusts des Starken ist ersichtlich, daß er nicht nur in Dresden, sondern auch in Warschau und Leipzig, in Berlin und anderorts Ankäufe gemacht hat; auf den Leipziger Messen auch von französischen „marchands-joailliers“, sowie u. a. von dem damals ersten Juwelier in Hanau, der dort noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts als „der bekannte Herr Morel“ hervorgehoben wird. Es ist sogar möglich, daß auch jenes Onyxväschen auf der Leipziger Messe erst gekauft wurde. Als Erwerbung für 200 Taler auf der Leipziger Ostermesse von 1709 wird eine „antike Urne in Gold und Juwelen von Onyx“ angeführt. Wenn wir neben den deutschen Meistern auch Verkäufern mit französischen Namen begegnen, so haben wir dabei nicht zunächst an in Frankreich beheimatete Fabrikanten und Händler zu denken, sondern es sind dies zumeist Emigranten, die in einem neuen Zustrom nach 1685 infolge der Widerrufung des Edikts von Nantes nach Deutschland übersiedelt waren. Frankreich hatte dadurch eine große Anzahl seiner geistig und künstlerisch regsamsten Bevölkerung verloren und wurde weiterhin durch die Kriege Ludwigs XIV. an Volkskraft und wirtschaftlich geschwächt. In Deutschland aber, so besonders auch in Berlin und Hanau, wurden diese willkommenen Einwanderer frei von Real- und Personallasten aufgenommen und erlangten bald mit ihren Industrien führende Macht und den Zulauf der einheimischen Arbeiter. Das führte bald zu einer Lockerung der zünftigen Arbeitsweise und schließlich zu völligem Verfall der Zünfte. Der Fabrikant errang gegenüber dem zünftigen Meister den höheren Rang und vermöge seiner größeren Weltkenntnis, seiner besseren wirtschaftlichen Lage und seiner stärkeren Betriebsamkeit auch mit seinen Erzeugnissen die höhere Vollkommenheit sowohl in der Stilisierung, wie in der Sorgfalt der Ausführung im Anschluß an die in allen Ländern Europas gleichmäßig zur Herrschaft gelangte französische Mode. Den französischen Erzeugnissen wurde dadurch in Deutschland und von Deutschland aus die stärkste Konkurrenz bereitet, insbesondere in der Kunst des Juweliers, des Graveurs und des Emailleurs, die sich in der Tabatièren-Industrie und allen ihr verwandten Erzeugnissen zu höchster Blüte entwickelte. Dafür bietet ein Vorgang in Hanau ein bezeichnendes Beispiel. Jene goldenen Bijouteriewaren unterlagen bisher keiner Stempelungspflicht. Es war aber doch der Regierung zur Kenntnis gelangt, daß auf den Frankfurter Messen die Hanauer Fabrikanten ihre Tabatièren mit dem Pariser Stempel versehen zum Verkauf brachten,