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zumeist unterbrochen war. War doch, um nur eins hervorzuheben, durch die verheerende lange Kriegsdauer die Einwohnerzahl Deutschlands von zwölf Millionen auf vier Millionen zurückgegangen. In den Ländern der Feinde Deutschlands lagen die Verhältnisse ungleich günstiger. Es ist eines der besten Zeugnisse für die Begabung, die Lebenskraft und Elastizität des deutschen Volkstums, daß von ihm schon wenige Jahrzehnte nach einer beispiellosen Verheerung die frühere Kulturhöhe wieder errungen wurde, mögen die noch vorhandenen Zeugnisse der Kunst der Vergangenheit zur Nacheiferung veranlaßt haben, oder mögen die wanderlustigen Kunsthandwerker, das, was sie in der Heimat nicht mehr erlernen konnten, sich in den Werkstätten des Auslands erworben haben.

Sowohl für das eine wie für das andere scheinen Beispiele sich darzubieten. Auf Tafel 34 sind zehn Flakons, Büchsen und Schälchen nebeneinander gestellt, die fast alle um 1700 entstanden sein mögen. In der oberen Reihe das mittelste Stück in Form einer doppelhenkeligen Vase aus Onyx, der die beiden Vasen Melchior Dinglingers der unteren Reihe rechts und links an Eleganz des Aufbaus nichts nachgeben, ist eine überaus sorgfältig durchgebildete Arbeit des 16. Jahrhunderts. Sehr glücklich ist daran der Besatz mit Rubinen und Diamanten und die Krönung mit einem schon reicher facettierten Spitzstein, sowie die Emaillierung der figuralen Motive an den Henkeln mit unten je einer Maske, oben mit je einer Hundebüste. Das letztere ein ungewöhnliches Motiv, das ich ähnlich nur an der von Karl IX. von Frankreich 1570 geschenkten Onyxkanne in Wien wiedergefunden habe, so daß sich wohl für beide Stücke an den gleichen Werkstattursprung denken läßt. Derartige Bijoux mußten wohl in Dresden veranlassen, bei den gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Mode kommenden ähnlichen kleinen Behältern die höchste Kunstfertigkeit aller dazu verwendbaren Techniken zur Geltung zu bringen.

Ein Beispiel dafür, daß der deutsche Urheber eines zwar für anderen Zweck bestimmten, doch ähnlich kleinen Behälters, die darauf verwendeten Fertigkeiten sich erst im Ausland erworben hatte, bietet das goldene mit Kristallplatten belegte Kästchen auf Tafel 24 oben rechts. Wie die auf den Platten eingeschnittenen Szenen aus der Passionsgeschichte und ebenso die auf den vor die Ecken gestellten Säulen aus blauem Glas stehenden vier Evangelisten, wie endlich auch die in das aufgelegte emaillierte Rankenwerk der Rahmen eingeordneten Symbole des Leidens Christi bekunden, hatte das Kästchen die