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ist und deren Gehäus bei verwandtem Aufbau ebenso wie jenes auf einem geschweiften mit Juwelen verzierten Holzsockel ruht. Die größte Kunstfertigkeit und der kostbarste Juwelen- und Emailschmuck ist angewandt an der Hubertus-Stutzuhr, ihr figürlicher Schmuck ist offenbar auf den Geschmack des jagdliebenden Kurfürsten Friedrich August I., Augusts des Starken, berechnet. Es ist darum auch nicht unwahrscheinlich, daß dieser Fürst als Besteller des Werkes schon auf den Gedanken ihrer Komposition und deren Einzelheiten Einfluß ausgeübt hat, wie wir dies auch voraussetzen dürfen bei den Dianenschalen Dörings und Dinglingers oder den beiden Herkulesschalen des letzteren und manchen anderen Werken. Den Hauptschmuck der Stutzuhr bildet auf einem verjüngten Aufsatz die Gruppe des St. Hubertus, des Patrons der Jäger, der vor dem Hirsch mit dem goldenen Crucifixus im Geweih anbetend in die Kniee gesunken ist. Hinter ihm sein Pferd und auf dem Waldboden noch einige Jagdhunde. Etwas tiefer stehen auf den vorgekröpften vier Ecken der Deckplatte in gleichem Größenverhältnis vier Jäger in der sächsischen Hoftracht der Zeit. Vor den Seiten des Aufsatzes liegt allerhand Jagdgerät. Das Gehäus selbst ist an seinen abgeschrägten Kanten an der vorderen Seite des Zifferblattes in etwas größerem Maßstab von zwei Waldhornisten, an der hinteren Seite von zwei Faunen flankiert. Diese Figuren stehen auf vorgekröpften Ecken des Sockels, die von liegenden goldenen Löwen getragen werden. Ebenso wie diese Löwen prächtig modelliert und durch Ziselierung des Felles naturgetreu dargestellt sind, so sind auch die mit farbigem Faß-Email (en ronde bosse) überdeckten Jäger und Jagdgenossen, sowie die Tiere, überaus lebensvoll zur Erscheinung gebracht. Die gleiche hochentwickelte Kunstfertigkeit äußert sich auch in den vier Feldern des Gehäuses, die mit durchsichtig emailliertem Rollwerk, untermischt in Relief mit emaillierten jagdbaren Tieren, bedeckt sind. Das ist eine Kunsthöhe des Faßschmelzes auf plastischen Gestalten kleinsten Maßstabes, die wir zuerst an dem goldenen Rössel in Altötting, das Isabella von Bayern ihrem Gatten, König Karl von Frankreich, 1404 zum Neujahrsgeschenk machte, erreicht sehen, dann wieder in den Jahrzehnten vor und nach 1600 und schließlich zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Wir werden Beispiele aus den beiden letzten Blütezeiten noch im 3. Band kennen lernen. Unsere Hubertus-Stutzuhr ist dann noch ausgezeichnet durch ihren Juwelenschmuck, der Sockel durch eine Garnitur schöner lichtgelber Chrysolithen, das Gehäus durch den Zusammenklang von Smaragden und Diamanten in Kastenfassungen.