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der steilen Bergwand, welche dieselbe bis dahin dem Blicke entzogen hatte, die Stadt Wetzlar mit ihrem stattlichen Dome allmählig hervortritt.


Wetzlar[1].


Im Vergleich zu der Lage von Marburg und Giessen hat die von Wetzlar ihre besonderen Reize; sie verbindet gewissermassen den Charakter der Umgebungen dieser beiden Städte. Denn hier ist das ohnehin breite Flussthal durch die Einmündung der von Norden kommenden Dill noch mehr erweitert, auf der Südseite dagegen treten die Hügel, allerdings nicht so hoch, als die Berge, welche Marburg umgeben, in steilem Abfall ganz nahe an die Lahn, und bilden nach dem Stoppelberge hinauf jene „mannichfach sich kreuzenden, vertraulichen, von den lieblichsten Wäldern beschatteten Thälchen“, deren Anmuth Göthe in Werthers Leiden rühmt. Gerade vor der Ausmündung des bedeutendsten derselben, in welchem die Wetzbach der Lahn zufliesst, liegt an den Hügel hinaufgebaut die alte Stadt, die mit ihren hintereinander sich aufthürmenden Schieferdächern auch äusserlich einige Aehnlichkeit mit Marburg hat. In ihrem alterthümlichen Charakter, von dem grauen Dome überragt, rings von Obstwäldern umgeben, inmitten „einer paradiesischen Gegend“, ist sie der Mittelpunkt eines reizenden Landschaftsbildes, mag man lahnaufwärts kommen, von wo aus die ganze Stadt, zur Seite der steilabfallende, ruinengekrönte Kalsmunt, sich vor dem Blicke ausbreitet, oder vom Dillthal, wo der Dom malerisch zwischen diesem und dem ferner gelegenen, waldigen Stoppelberg vor uns emporsteigt, oder von der Höhe, über welche die Strassen nach Frankfurt und Giessen führen, bei der sog. Charlottenburg, wo die Stadt, vom Hügel sich absenkend und mit ihren Vorstädten


  1. Gasthöfe: Herzogliches Haus, Solmser Hof.
Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)