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reichlich bewirthet und dann zu Bette geschafft wurde. Am folgenden Morgen aber erwachte er mit schmerzenden Gliedern und wüstem Kopfe am Fusse des Abhangs; ein Schäfer fand ihn nach Tagesfrist und brachte ihn den ängstlich harrenden Seinen zurück. Das nächtliche Erlebniss, von dessen einzelnen Abenteuern der Sturz in die Tiefe allerdings von einer unabweisbaren Realität gewesen ist, hat übrigens bei ihm selbst so festen Glauben gefunden, dass er dasselbe nicht nur wiederholt zum Staunen und Schaudern der Zuhörer unter den kräftigsten Betheuerungen wiederholte, sondern auch dessen Verlauf in Dietz eidlich zu Protocoll gab, anno dom. 1750.

Von Holzheim gelangt man in einer Viertelstunde nach Flacht, dann über Nieder- und Oberneisen, sämmtlich reiche und schöne Dörfer, nach Hahnstätten, wo sich der freundliche Landsitz des Herrn v. Marschall befindet. Eine halbe Stunde westwärts, von hier liegt Schloss Holenfels auf einem am Bergabhang hervorspringenden zerklüfteten Kalkfelsen, an dessen Fuss eine Quelle hervorsprudelt, inmitten schöner Waldpartien. Ueber einen idyllisch freundlichen Vordergrund hin geniesst man hier eine weite Aussicht nach Osten zu. Diese Aussicht, das Grün der Wiesen und Wälder, das Gemäuer des alten Schlosstheils, das als ein Stück Romantik in die schöne Gegenwart hineinragt, haben diesen Punkt schon seit Jahren, zumal auf den zweiten Pfingsttag, zu einem vielbesuchten Versammlungsort für die Honoratioren der ganzen Umgegend gemacht. Leider ist das Schloss in bedenklichem Verfall.

Die alte Burg wurde vom Jahre 1353–1363 von einem Herrn Daniel von Langenau unter Beihülfe des Grafen Johann von Nassau-Merenberg und unter heftigen Fehden mit dem Grafen Gerhard von Dietz erbaut. Nach mehrmaligem Wechsel ihrer Besitzer kam sie zu Anfang des vorigen Jahrhunderts an die Waldecker

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August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)