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mir Drahtspitze gibt, ich dem Hühnchen sein Aug einflick.“ Die Wiese verlangte Wasser. Da ging es zum Bach, holte Wasser, gab es der Wiese und diese gab ihm Futter. Für das Futter bekam es von der Kuh Mist, für den Mist bekam es Korn, fürs Korn Kleie, für die Kleie Borsten und für die Borsten Drahtspitzen. Mit denen ging es zum Hühnchen und nähte ihm das Auge wieder ein.


Dem Vereine durch einen Ungenannten (X. Y.) 1899 übersendet. Die mundartliche Ausdrucksweise gehört der Gegend um Aschaffenburg an. (* und ** Urschrift.)


15. Die Füchsin und ihre Freier.
(Unterfranken: Schweinfurt.)

„Gut’n Tag, Frau Katzenschmatz! Was macht Sie da?“ „Da sitz’ ich und wärm’ meinen Platz!“ „Was macht denn Ihr Fräulein?“ „Ist droben in dem Kämmerlein, hat geweint die Aeuglein rot; unser Herr, der Fuchs, ist tot.“ „So geh’ Sie hinauf und frag Sie, ob sie mich haben will!“ Die Katze ging die Tripp die Trapp die Trepp hinauf – diklipp diklapp. „Frau Füchsin, sind Sie da?“ „Ach ja, mein Kätzchen, ja!“ „Drunten ist ein Freier, ist gewachsen wie ein Bär und läßt fragen, ob Sie ihn haben will!“ „Ach nein, ach nein, es muß ein Füchslein sein!“

(Wird wiederholt mit Einsetzung beliebiger Tiernamen – wie ein Rehlein usw. – bis zuletzt ein Fuchs kommt.)

„Drunten ist ein Freier, ist gewachsen wie ein Füchslein und läßt fragen, ob Sie ihn haben will.“ „Ach ja, ach ja, laß ihn nur schnell rauf!“ Und da ist er raufkommen und da haben sie Hochzeit g’halten und es hat Kuchen und Torten und Wein geben und da war ich drauf und du und wir alle waren drauf.

Und wenn sie nit g’storben sind, so leben sie heut noch.


Aufgeschrieben durch Herrn Fr. Beyschlag aus Schweinfurt, (damals) stud. phil.; dem Verein übergeben am 23. 9. 1896. (Urschrift.)


16. Der geschundene Geißbock.
(Oberpfalz: Amberg.)

A mal is a Schneida gewesen. Der hat an Geißbock ghabt und weil er gar bös geworden, hat ern abg’stochen. Da wollt er ihm die Haut abziehen. Als er die Haut halbet herunt hatte, wurde der Bock auf einmal wieder lebendig und lief davon, in Wald hinein und versteckte sich in einer Felsenhöhle. Da es Nacht wurde, kam ein Hase und wollte darin nächtigen. Da sagte der Bock: „Halbet gschunden, halbet gschobn, wennst ma hergehst, stich ich dich durchaus mit mein krumpen Horn.“ Da getraute sich der Hase nicht hinein, er setzte sich außen hin und weinte. Da kam ein Fuchs und sagte: „Brüderl, warum weinst du?“ Da sagte der Hase: „Ich wollte da nächtigen, getrau mich aber nimmer, weil etwas Schrecklichs drin is, das sagte: Halbet gschunden,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Spiegel: Märchen aus Bayern. Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung, Würzburg 1914, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiegel_Maerchen_aus_Bayern.djvu/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)