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Walther Kabel: Seltsame Einladungen. In: Deutscher Hausschatz, 17. Heft, 37. Jahrgang, S. 789–790

Seltsame Einladungen.
Von W. Kabel.

Im Jahre 1848, als bereits in den Nordstaaten Amerikas eine allgemeine Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei eingesetzt hatte und daher die Fluchtversuche der armen Negersklaven immer zahlreicher wurden, erschien in der New Orleans-Post, der weitverbreitetsten Zeitung der Mississippistaaten, folgendes Inserat[ws 1]:

„Teilnehmer gesucht zur Jagd auf schwarzes zweibeiniges Wild! – In die unzugänglichen Meridiansümpfe bei Greenville sind in letzter Zeit nach oberflächlicher Schätzung gegen hundert Sklaven geflüchtet. Ausgesetzte Belohnungen für Wiederergreifung mehrere tausend Dollars! Organisiere Jagdausflug nach dorthin. Kosten: Person 500 Dollars. Dampfer „Helena“ ab New Orleans 12. Juni 8 Uhr morgens, Leton Rouge 6 Uhr abends, Natchaz 13. Juni 5 Uhr morgens, Vicksburg 4 Uhr nachmittags, Ankunft Greenville 14. Juni 6 Uhr früh. In Greenville Reitpferde und Führer bereit. Schußwaffen sind mitzubringen. Dauer zwei Wochen. Anmeldungen bei James Fearfield, New Orleans, Londonstr. 26.“

Diese Expedition hatte, wie der amerikanische Professor Melville in seinem Werke „Über die Ursachen des nordamerikanischen Bürgerkriegs“ angibt, nicht weniger als 132 Teilnehmer gefunden. Trotzdem war der Erfolg gering. Nur fünf Neger fielen nach tagelanger Jagd den Menschenjägern in hie Hände, und zwar sämtlich so schwer verwundet, daß sie bereits während des Transportes nach Greenville starben.

Noch trauriger berührt jene Annonce, die während des vorletzten Burenkrieges in Londoner Blättern erschien:

„Organisierung einer Expedition nach der Front. Herren von Stellung, die reiten und schießen, können sich anschließen. Karten 300 Pfund Sterling. Adresse und Nachfrage: Bureau „Times“, London E. C.“

Die Expedition gestaltete sich zu einem glänzenden Geschäft aus. Ein Extradampfer brachte die 97 Teilnehmer, die sämtlich den Millionärkreisen Englands angehörten, nach Südafrika. Die Reise auf den Kriegsschauplatz erfolgte ebenso durch Extrazug. Zum Scheine der Gerechtigkeit hatte das Korps sich den Namen „Die Freiwilligen von London“ beigelegt und einen pensionierten Major der Infanterie zu seinem Führer engagiert. Daß die reichen Herren aufs vorzüglichste verproviantiert und bewaffnet waren, braucht bei den durch sie vertretenen Millionenvermögen kaum erwähnt zu werden. Diese schneidige Truppe nahm dann auch – natürlich aus sicherer Entfernung – an mehreren Gefechten teil, wobei die „schießfertigen“ Herren Gelegenheit fanden, eine Unzahl Patronen auf den Gegner zu verknallen, ohne ihre eigene wertvolle Haut dabei allzusehr bloßzustellen. Die Heldentaten dieser Elitetruppe wären vielleicht nie genügend „gewürdigt“ worden, wenn nicht einer der Teilnehmer das Unglück gehabt hätte, durch eine verirrte Kugel in einem

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Der erste Teil entspricht dem Artikel Teilnehmer gesucht! von Walther Kabel. Dieser erschien 1912 in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Seltsame Einladungen. In: Deutscher Hausschatz, 17. Heft, 37. Jahrgang, S. 789–790. Friedrich Pustet, Regensburg, Rom, New York, Cincinnati 1911, Seite 789. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seltsame_Einladungen.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)