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Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225

eines Mannes hindurchzulassen. Durch diese Öffnung wurden Verbrecher, die einer Missetat durch augenscheinliche Beweise nicht überführt werden konnten, an einem Strick für die Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang hinabgelassen. Zog man sie unversehrt wieder heraus, so war ihre Unschuld erwiesen. Anderenfalls hatten dann eben schon die Reptilien die Henkersarbeit getan.

Mit dieser grausigen Art von Gottesgericht räumten die Engländer sofort auf, als sie 1889 das Protektorat über das Sultanat Brunei übernahmen.

Erwähnt sei, daß der obengenannte Tierhändler Worbster auch diesen Schlangenzufluchtsort auf Borneo auszuräuchern beabsichtigte. Der Sultan verweigerte jedoch die Genehmigung dazu.

Die naheliegende Frage, aus welchen Gründen wohl die Schlangen eine so große Vorliebe für eine solche Felsengrotte haben mögen, ist von vielen Naturforschern untersucht worden. Eine befriedigende Erklärung hat jedoch bisher niemand gegeben. Am zutreffendsten scheint noch die Annahme des amerikanischen Professors Longfield zu sein. Danach handelt es sich bei den Schlangenhöhlen um Örtlichkeiten, die sehr trocken und infolge unterirdischer vulkanischer Wärmequellen besonders warm sind und daher von den Reptilien als Aufenthaltsort bevorzugt werden.

W. K.
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Walther Kabel: Schlangenhöhlen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 222–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schlangenh%C3%B6hlen.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)