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     Da lächelt der König mit arger List,

Und spricht nach kurzem Bedenken:
Drey Tage will ich dir schenken.
Doch wisse! Wenn sie verstrichen die Frist,
Eh du zurück mir gegeben bist,

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So muß er statt deiner erblassen,

Doch dir ist die Strafe erlassen.

     Und er kommt zum Freunde: „der König gebeut,[1]
Daß ich am Kreutz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben,

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Doch will er mir gönnen drey Tage Zeit,

Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme, zu lösen die Bande.

     Und schweigend umarmt ihn der treue Freund,

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Und liefert sich aus dem Tyrannen,

Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenroth scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,

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Damit er die Frist nicht verfehle.
  1. Veraltet: gebietet.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_177.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)