Seite:Schiller-Galerie.pdf/324

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

entscheiden; doppelt empfänglich muss sie gerade ihre Unberührtheit machen. Don Cesar aber sagt selbst wenig galant, als ihn die Mutter auffordert, ihr die Geschichte seiner Liebe zu erzählen:

Gleichgültig war und nichtsbedeutend mir
Der Frauen leer geschwätziges Geschlecht:
Denn eine zweite sah ich nicht, wie dich,
Die ich gleich wie ein Götterbild verehre. . . .
Und diesen festlich ernsten Augenblick
Erwählte sich der Lenker meines Lebens,
Mich zu berühren mit der Liebe Strahl.
Wie es geschah, frag’ ich mich selbst vergebens. . . .
Fremd war sie mir und innig doch vertraut,
Und klar auf einmal fühlt’ ich’s in mir werden:
Die ist es oder keine sonst auf Erden!

Die innige Zärtlichkeit für die Mutter, ein so schöner Zug bei beiden Brüdern, der vom Dichter fein erfunden ist, um dem Rohen ihres gegenseitigen Hasses als Gegengewicht zu dienen, tritt bei Don Cesar besonders überall rührend hervor, so besonders wo er trotz seiner Leidenschaft dennoch erst gehen will, um die Schwester zu suchen, ehe er die Braut der Mutter zuführt, und sich erst später auf die Nothwendigkeit des letztern besinnt.

Dass er an Beatrice und ihre Liebe glaubt, ohne nur eine Zusage von ihr zu haben, ja ihre Unruhe, ihren Schrecken zu seinen Gunsten deutet, zeigt uns nur aufs neue die stürmische Erregtheit seines Innern, und so ist denn bei solchen Charakteren allenfalls wol zu erklären, dass, als er die Geliebte in des Bruders Arm findet, all der alte Zorn in ihm wieder erwacht und ihn zur unglückseligen That treibt, da er sich hintergangen glaubt.

Um so furchtbarer trifft ihn, der sich im Recht meint, der Blitz der Wahrheit, und er flucht in wilder Wuth dem Schos, der ihn geboren; ja selbst der alte Dämon der Eifersucht gewinnt trotz des furchtbaren Geschicks seine Herrschaft wieder über ihn, nachdem er sieht, dass Mutter und Schwester dem Hingeschiedenen den Vorzug geben; nicht sein Verbrechen ist anfänglich sein höchster Schmerz, sondern der Besitz des Herzens der Geliebten durch den Bruder:

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/324&oldid=- (Version vom 1.8.2018)