Nicht wegen Mords und nicht wegen Gottlosigkeit folterst du mich,
sondern wegen der Verteidigung des göttlichen Gesetzes.
Willige doch ins Essen ein, dann wirst du der Foltern ledig!
Euer Rad ist nicht so mächtig,
daß es meine Vernunft erdrosseln könnte.
Zerschneidet meine Glieder! Verbrennet mein Fleisch!
Verrenket meine Gelenke!
daß einzig die Söhne der Hebräer in der Tugend unbesiegbar sind.
fachten es immer stärker an
und spannten ihn auf dem Rad immer weiter aus.
der glühende Kohlenhaufe erlosch
durch die herabträufelnden Blutstropfen,
und die Fleischstücke wirbelten um die Maschinenachsen.
trotzdem gab der hochgemute Jüngling
und echte Abrahamssohn keinen Seufzer von sich.
ertrug er edelmütig die Foltern.
Verlasset nicht euren Posten neben mir!
Schwöret nicht meinem Bruderbund, aus Edelsinn gebaut, ab!
Kämpfet einen heiligen, edlen Kampf um die Frömmigkeit!
unserm Volke gnädig sein
und den verruchten Tyrannen bestrafen!
da schleppten die Wächter schon den Zweitältesten herbei;
dann zogen sie sich eiserne Handschuhe mit spitzen Krallen an
und banden ihn an die Maschinen und die Schwinge.
Als sie hierauf seine edelmütige Antwort vernahmen,
bis zum Kinn die eisernen Handschuhe ganz ins Fleisch
zogen an und rissen ihm die Kopfhaut ab.
Er aber ertrug standhaft diesen Schmerz und sprach:
Dann sprach er zum Tyrannen:
daß du jetzt schlimmer gefoltert wirst als ich?
Du mußt ja ansehen,
wie deine hochmütige tyrannische Vernunft
durch unsere Standhaftigkeit im Glauben besiegt wird.
Paul Rießler: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel. Filser, Augsburg 1928, Seite 715. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Riessler_Altjuedisches_Schrifttum_ausserhalb_der_Bibel_715.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)