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unter der schmerzhaften Anspannung der Angst und der Erwartung, ihre Augen irrten im Dunkel umher und klammerten sich an das eine Flämmchen, wie an die Erlösung.

Eine merkwürdige Kühle wehte von den Wänden, so daß alle, trotzdem sie durch die Erregung erhitzt waren, vor Kälte zitterten.

Die Stille war nicht mehr zu ertragen, und dieser immer wiederkehrende monotone Akkord durchrieselte sie mit immer glühenderer Qual.

Plötzlich schien im Dunkel etwas zu werden. Zuerst begannen die Schiefertafeln, die auf dem Tische lagen, sich zu erheben und wieder zu fallen, als werfe sie jemand in die Luft; schließlich schlugen sie gegen die Decke an, und die zerschlagenen Scherben stürzten klirrend auf den Fußboden.

Nach einer Weile begannen sich im Dunkel unzählige zitternde Funken zu verstreuen, die jedoch so klein, so winzig warm, daß sie phosphoreszierendem Moder glichen; sie fielen als glänzender Tau herab, glitten an den Wänden herunter, wurden langsam dichter und leuchteten immer stärker, während sie das Zimmer mit einer leuchtenden, flackernden Wolke erfüllten, wie mit bläulich glänzendem Schnee, der ohne Geräusch in großen flaumigen Flocken zur Erde fällt.

„Om!“ so erdröhnte durch die Stille eine helle, kristallene Stimme, und sie neigten ihre Köpfe und begannen im Chor voll scheuer Demut und Rührung mit gedämpften Stimmen flehend zu stöhnen: „Om! Om! Om!“ Der Funkenregen wurde noch stärker, das

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)