Seite:Rellstab Empfindsame Reisen 2.pdf/92

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ludwig Rellstab: Empfindsame Reisen: Nebst einem Anhang von Reise-Berichten, Skizzen, Episteln, Satiren, Elegien, Jeremiaden, usw., Band 2

durch ihre Existenz verhöhnen, die Reitpeitsche zu appliciren, die sie narrenhaft am Daumen hängen haben. Es zuckt mir abermals doppelt und dreifach, wenn ich bedenke, daß diese Menschenkarrikaturen eigentlich annehmen, die Welt sei für sie, wenigstens sie nur zum Genuß dessen, was sie Erfreuliches bietet, da; der Bauer arbeite, damit sie Weißbrot zerkrümeln, der Winzer, damit sie in Champagner oder Rheinwein der Völlerei fröhnen können. Nicht zufrieden damit, daß das stumpfe dumme Glück diesem mehr Affen- als Menschengeschlecht seine Gaben zugeworfen hat, wollen sie auch noch das Privilegium darauf geltend machen, und Staat, Kirche und Religion so zurichten, daß dieses dreisitzige Tribunal ihnen auch unbedingte Vorrechte in Allem für die Ewigkeit zuspreche. Der Hauptärger ist freilich nicht der im Badeort Kissingen, wie in andern, daß diese Gesellschaft (auch diesen Titel maßt sie sich vorzugsweise an, als wenn das übrige Menschengeschlecht nur eine Bande oder Horde von Wilden sei, zu denen solche Leute wie Schiller, Jean Paul, Lessing u. s. w. allenfalls gehören dürfen) – daß diese Gesellschaft an ihre Vorrechte glaubt oder nicht glaubt, aber eisenfest daran hält, sondern daß es wirklich noch so viel hündischthörichte Demuth (Niederträchtigkeit nenne ichs besser) in der Welt giebt, die jenen die Vorrechte einräumt,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Rellstab: Empfindsame Reisen: Nebst einem Anhang von Reise-Berichten, Skizzen, Episteln, Satiren, Elegien, Jeremiaden, usw., Band 2. Brockhaus, Leipzig 1836, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rellstab_Empfindsame_Reisen_2.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)