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Welt fand sie keinen anderen Trost als in Gott und im Gebet. Alle ihre Untergebenen trieb sie zur Andacht an und gab ihnen ein hohes Beispiel durch ihr frommes und tugendhaftes Leben. Darum wurde sie vom Satan verfolgt, welcher sie bei aller Welt in Schanden zu bringen suchte. Und hierzu mußte ihm Golo, der Hofmeister des Grafen, als Mittel dienen.

Denn siehe, da dieser böse Mann, welcher sich gegen Siegfried immer verstellt hatte, der Genovefa auf Befehl ihres Gemahles täglich aufwarten mußte, so gab ihm der Teufel gar böse Gedanken gegen sie ein. Er wollte sie zur Untreue gegen ihren Gemahl verleiten.

Als er die brave Frau solches merken ließ, sprach sie mit zornigen Worten zu ihm:

„Schämst Du Dich denn nicht, Du leichtsinniger Diener? Ist das die Treue, welche Du dem Pfalzgrafen versprochen hast? Willst Du ihm keinen andern Dank für seine Liebe erweisen? Sei nur nicht so frech und vergiß nicht, daß Du Dich strenger Zucht und Ehrerbietung der Gemahlin Deines Herrn gegenüber zu befleißigen hast. Sonst muß ich selbst Sorge tragen, daß Dir die rechte Strafe für Dein Benehmen von Deinem Herrn zugeteilt wird.“

Da erschrak der gottlose Golo, und, ohne seine Gedanken zu beherrschen, nahm er sich doch vor, sie mehr zu verbergen.

Genovefa aber meinte, ihre Reden hätten den bösen Menschen wirklich gebessert. Nun hatte sie kürzlich für ihren Gemahl ihr Bild malen lassen. Da fragte sie den Golo, ob er meine, daß diesem schönen Stücke noch etwas mangele.

Da antwortete er: „Wiewohl diesem Bilde keine Schönheit mag beikommen, so vermeine ich dennoch, es gehe ihm eins ab: es müßte lebendig sein und mir eigentümlich zugehören.“

Genovefa erbleichte bei diesen Worten. Sie zeigte ihm ein zorniges Antlitz und erteilte ihm einen harten Verweis, so daß er beschämt davonging.

Aber mehr denn je beherrschte ihn der Wunsch, die schöne Gräfin sich geneigt zu machen. Einst spazierte diese im Garten allein nach dem Abendessen. Da machte sich der Hofmeister allgemach näher zu ihr. Der Satan hatte seine Sinne nun ganz und gar gefangen genommen, und so erdreistete

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/156&oldid=- (Version vom 1.8.2018)