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der Bauer das Essen nicht gebracht hatte, dachte der Knecht: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, rief einen vorübergehenden Mann an, verkaufte ihm Pferde und Wagen und sprach daheim zu seinem Oheim: Ein Löwe sei gekommen und hätte die Pferde sammt dem Wagen aufgefressen. Der Bauer that, als glaubte er’s, denn ihm war angst, daß er sich erzürnen und Haus und Hof darüber verlieren möchte. Als ihm aber seine Frau das Abendessen brachte und dem Knecht nicht, wollte dieser zornig dem Bauer die Schüssel wegnehmen, denn er war ganz verhungert. Da holte der Bauer gelassen das Messer herbei, schnitt auch dem zweiten Bruder die Ohren ab und der mußte wieder ohne Lohn mit dem Geld, das er für Pferde und Wagen gelöst hatte, abziehen.

Am andern Morgen meldete sich der jüngste Bruder, der ein Dummling war, als Knecht bei dem Bauer. Weil es nun seine Schwestern seiner Jugend halben jammerte, daß er auch hungern sollte, so brachten sie ihm täglich, so oft er im Feld, Wald oder Wiesen arbeitete, zu essen. Der reiche Bauer verwunderte sich sehr, daß sein Knecht immer so freundlich aussah, wie karg die Kost ihm auch geboten wurde, hielt ihn auch deshalb für gar klug und fürchtete, daß der jüngste Bruder ihn durch einen klugen Anschlag gewiß noch erzürnen würde, ehe das Jahr herum sei. Deshalb sprach er zu seiner Frau: „Verkleide Dich als Kukuk, geh in den Wald und rufe dreimal Kukuk, dann wird unser Knecht glauben, sein Dienstjahr sei herum, wird seinen Lohn nehmen und aus dem Dienst gehen.“ Zu dem Knecht aber sprach er: „Höre einmal, Gesell, wenn der Kukuk

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Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)