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hinter ihm, und das Pferd gab ihm diesmal eine Stunde Frist, warnte ihn aber länger zu bleiben, weil sie sonst Beide verloren wären. Nach dem Essen ging er im Schlosse umher, denn er hatte diesmal Zeit, um sich darin zu besehen. Er kam in ein Zimmer, darin schlief eine Prinzessin, die erlöste er abermals, und als sie auf ihrem Lager die Augen aufgeschlagen hatte, wollte sie ihn in ihren Armen festhalten. Im letzten Augenblicke aber riß er sich doch von ihr los, und das Pferd war wieder fast ganz von dem Ringe abgerutscht. Als er es bestiegen hatte, war das Schloß verschwunden, und sie schwammen wiederum durchs Meer.

Einige Zeit darauf stieg das Roß mit seinem Reiter ans Ufer. Es eröffnete ihm nun, wenn er nach Haus käme, so würden ihn seine Brüder bei seinem Vater verleumden und dann würde er in eine Löwengrube geworfen und darin müßte er drei Vierteljahre zubringen. In die Löwengrube aber solle er seine Flöte mitnehmen, die er sehr gut zu blasen verstand, und wenn er fleißig darauf spiele, so würde ihm kein Thier etwas thun. Hierauf hieß ihn das Pferd, es an einen Baum im Eichenholze binden und ihm wieder einen Scheffel Hafer bringen.

Wie seine Brüder ihn kommen sahen, verleumdeten sie ihn sogleich bei seinem Vater und sprachen, er sei ein lüderlicher Mensch geworden. Die Prinzessin aber, welche sie ihm entführt hatten, war nicht mehr bei ihnen, sondern war nach einem großen Schlosse entflohen, das ihr auch gehörte und das viel schöner war als das alte, woran das Pferd angebunden war.

Der König ließ den Ungescheuten auf die Verleumdungen seiner Brüder hin sogleich ergreifen und in die Löwengrube werfen. Da bat er sich nur aus, daß er seine Flöte mitnehmen dürfe, und wie er die in der Löwengrube spielte, schmeichelten die Thiere sich mehr und mehr an ihn. Sie

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_097.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)