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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

Hungerleidenden in Angst schweben lassen und auf die Folter gespannt.

157 (27.) Soviel darüber. Der Jüngling aber, der als Stellvertreter des Königs eingesetzt war und die Verwaltung und Leitung Aegyptens übernommen hatte, zog aus, um sich bei allen Landesbewohnern bekannt zu machen; und als er die einzelnen Bezirke von einer Stadt zur andern bereiste, flösste er allen, die ihn sahen, starke Zuneigung ein, nicht nur durch die Vorteile, die er allen gewährte, sondern auch durch die ganz ausserordentliche Liebenswürdigkeit seines Antlitzes und seiner Verkehrsformen. 158|Als aber entsprechend der Traumdeutung die ersten sieben Jahre, die Jahre der grossen Fruchtbarkeit, eintraten, liess er den fünften Teil der Früchte p. 64 M. alljährlich durch die Statthalter und die ihm zur Dienstleistung beigegebenen Beamten einsammeln und brachte eine so grosse Getreidemenge zusammen, wie sie seit Menschengedenken niemand gesehen hatte. Der klarste Beweis dafür ist, dass man sie nicht einmal zählen konnte (2 Mos. 41,49), obgleich einige, die es sich angelegen sein liessen, grosse Mühe aufwandten sie zu zählen. 159|Als die sieben Jahre vorüber waren, in denen der Boden reichen Ertrag lieferte, nahm die Hungersnot ihren Anfang, die immer mehr wuchs und weiter vorschritt und nicht Aegypten allein umfasste; denn sie breitete sich weiter aus, ergriff der Reihe nach die benachbarten Städte und Länder und gelangte bis an die äussersten Grenzen im Osten und im Westen und herrschte im ganzen bewohnten Erdkreis. 160|Niemals soll eine allgemeine Krankheit in solchem Umfange ausgebrochen sein; sie war ähnlich der Krankheit, die die Aerzte Aussatz nennen; diese nämlich dringt in alle Teile ein und verbreitet sich schrittweise nach Art des Feuers verheerend über den ganzen eiternden Körper. 161|Daher wählte man in jedem Lande die angesehensten Männer und schickte sie als Getreidekäufer nach Aegypten; denn schon war die Kunde von der Vorsorge des Jünglings, der reichlichen Nahrungsvorrat für die Zeit der Not aufgespeichert habe, überallhin gedrungen. 162|Er aber befahl zuerst alle Speicher zu öffnen, da er mit Recht annahm, dass er alle durch diesen Anblick ermutigen

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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/038&oldid=- (Version vom 5.9.2017)