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die deutsche Übertragung des im Mittelpunkte der Disputation stehenden Gedichtes des Horaz. Den Wert dieser Übung sahen alle Beteiligten ein; so erklärt sich die Anlegung eines Sammelbandes für diese deutschen Übersetzungen. Im Jahre 1828 wurde unter des Rektors Anregung der Beschluß gefaßt, die besten lateinischen Vorreden (Praefatio) zur Disputation, die besten lateinischen Gedichte, die besten deutschen Übertragungen aus Horaz durch einen vom Rektor ernannten Ausschuß von 11 Pri­manern zu dieser Ehre vorzuschlagen, und bis 1837 ist es so gehalten worden. Die Vorrede zum ersten Band der Camöne[1] sagt darüber: „Da es für Jünglinge, welche die dichterischen Meisterwerke des klassischen Altertums lesen, ungemein bildend ist, sich in Nachahmungen derselben in der Muttersprache zu ver­suchen, so ward von unserm verehrten Herrn Rektor die Ein­richtung getroffen, daß von jedem Primaner, dem die Ehre des Disputierens zu Teil wurde, eine metrische Übersetzung des Ge­dichtes, das zum Stoff der Disputation gewählt worden war, vorgelesen werden sollte. Hierdurch ward zu mancher ziemlich gelungenen Nachahmung eines Gedichtes des Horaz (denn die Erklärung dieser Koryphäe aller Lyriker ward in Disputier-Übungen versucht) Anlaß gegeben, von welcher eine längere Auf­bewahrung zu wünschen gewesen wäre. Obwohl man sich dem weisen und gerechten Urteil des Herrn Rektor freudig unterworfen hätte, so nahm man seine Entschließung, daß 11 Primaner nach nochmaliger Verlesung des Gedichtes mit Stimmenmehrheit zu entscheiden hatten, sehr gern an.“

Bei der Wahl der zu besprechenden Ode zeigt sich Vorliebe für die bekannten bedeutenden des dritten Buches. Sehr beliebt ist auch die kürzere, gedrungenere I, 15, des Meergottes Nereus Verkündigung von Trojas Fall.

Eigentümlich ist es, daß nicht unbedingt wörtliche Über­tragung des antiken Inhalts geboten war; das Gedicht durfte auch in moderner Einkleidung erscheinen. So begann Osterlohs Übersetzung des 11. Gedichtes im ersten Buch der Epistel also:


  1. Im Kreuzschularchiv vorhanden. Für die Einsicht in diese Schulpapiere habe ich Herrn Rektor Prof. Dr. Stange an der Kreuzschule bestens zu danken.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/82&oldid=- (Version vom 6.3.2024)