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Hinzufügungen enthalten. Auf dem Vorblatt steht: Römische Antiquitäten, vorgetragen von H. M. Sillig, nachgeschrieben von J. W. Rachel. Beim Verlassen der Kreuzschule „vermachte" er das Buch seinem jüngeren Bruder Hermann, der sich dann die Sache leicht machte und während der Stunden das vom Bruder Niedergeschriebene prüfte und gelegentlich hinzufügte. Kecker Weise schrieb er in den oben angeführten Titel die Worte: Wiederum durchgegangen und verbessert von H. Rachel. Beim Durchblättern dieses „Kollegienheftes“, denn diesen Eindruck macht der von einem 16/17 jährigen jungen Gymnasiasten geschriebene Band, ist man erstaunt, in wie eingehender Weise Römische Staats- und Privataltertümer schon auf den Schulen damals ge­trieben wurden. Offenbar ist alles diktiert, denn es erscheinen, wie in einem „Kompendium“, die eingehendsten Unterabteilungen. Da liest man A, a, α, β, αα, ββ! In diesen vielverzweigten Abschnitten sind auch, genau nach Art der Studentenhefte, zahlreiche Quellenangaben und Literaturnachweise angefügt. Be­sonders erstaunlich ist es, wie diese jungen Menschen dazu ver­anlaßt wurden, allerhand heikle Dinge zu hören und aufzuschreiben, so die Hochzeitgebräuche, die Überführung schuldiger Vestalinnen und deren Bestrafung, eingehende Erörterungen über priapische Dinge u. a.

Es ist hier nicht der Ort, sich weitläufiger darüber auszusprechen. Ein wichtiges Zeugnis für die stark philologische Art der Behandlung solcher Stoffe auf dem Gymnasium jener Zeit wird dieser Band immer sein. Gewiß ist vieles darin, was einen jungen Menschen jener Zeit schon fesseln konnte, aber der Notizenkram überwiegt sehr oft; so werden in dem Paragraphen, der die Malerei der Römer behandelt, die Namen der zwei Männer genannt, die Neros goldenes Haus ausmalten.

Ein Beweis für die große Gelehrsamkeit ist dies von Magister Sillig gehaltene „Kollegium“. Ein anderer Dresdner jener Zeit, der bekannte Hofrat Böttiger, hat durch seine mytho­logisch-antiquarischen Werke dem Kreuzschullehrer offenbar viel Anregung gegeben.

Der auf Grund solcher Kenntnisse ausgelegten horazischen Ode folgte der Vortrag eines eigenen lateinischen Gedichtes oder

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/81&oldid=- (Version vom 6.3.2024)