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Nach der Schulentlassung ging der junge Rachel, wie er ausdrücklich schreibt, mit einem Freunde am Gründonnerstag zum Abschiednehmen zu dem freundlichen Konrektor.

Die Anregung in der Geschichte ging auch soweit, daß sich unter den Primanern eine Gruppe zu Privatwiederholungen ver­einigte. Die Seele des kleinen Klubs war der später um die prähistorische Forschung in der Umgegend Dresdens hochverdiente Dr. Theile in Lockwitz; nebenher beteiligte sich eifrig daran Gustav Blöde, der Sohn eines Geheimen Finanzrates. Griechische, römische und sächsische Geschichte wurde mit besonderem Eifer getrieben, letztere nach dem bekannten Werke von Pölitz. Die Fortschritte oder die Mängel, die dabei der einzelne zeigte, werden gewissenhaft genannt. Die Zusammenkünfte bei Theile brachten auch jugendlich kräftige Ausarbeitung und zugleich Vorausgefühl, Vorausgenuß studentischen Lebens: es wurde tüchtig gefochten, und oftmals heißt es im Tagebuch: wir gingen zu Theilen – keilen. Theiles Liebhabereien, die ihn auf Naturwissenschaften hinwiesen, beschäftigten nebenbei noch die Freunde. So hatte er im Kaitzer Grunde eine große Ringelnatter gefangen, hatte sie gesotten, das Fleisch, das nach seiner Angabe wie Aal geschmeckt habe, genossen, die Haut aber über einen Spazierstock gezogen. Theile sammelte schon damals Scherben von Urnen, die er auf irgend einer der benachbarten Dorffluren ausgegraben hatte, und zeigte sie den erstaunten Mitschülern.

Von den weniger wichtigen Fächern wird nur selten die Geschichte der Philosophie erwähnt. Mag. Liebel, der, wie ich aus Erzählungen im Hause der Gröbelschen Familie weiß, wohl manches Seltsame an sich hatte, trug diesen etwas schwierigen Stoff vor. Er vertiefte sich im Anfang in die indische und chinesische Philosophie, erntete aber nur die ironische Anmerkung: „er ließ seine Gelehrsamkeit in der Philosophie leuchten“ oder „unser Psycholog, Poet und Philosoph gab sich ungeheuere Mühe mit den indischen und chinesischen Worten“; einmal kam ein Schum-Sche, ein See-Schu u. ähnl. heraus! Von den Literaturstunden, die sich nur auf die altklassischen Völker bezogen, ist nie die Rede.

Noch war das Deutsch als Unterrichtsgegenstand nicht von großer Bedeutung. Doch wurde, was den Aufsatz anbelangt,

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/74&oldid=- (Version vom 6.3.2024)