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lächelt. ‚Den 3. 4. 5., das ist also Montag, Dienstag, Mittwoch? Ist es auch notwendig?‘ Das war freilich schwer zu beantworten. Ich sagte, daß ich die Hundstage nicht hätte gehen können. ,Na, kommen Sie herein!‘ Er ging in ein anderes Zimmer, wo Mag. Wagner mit dem Studenten saß (als ich seine Stimme hörte, ward mir anders, aber nicht besser!) und kam mit der Unterschrift zurück. O, welche Wonne! Ich dankte unterthänigst; zum Ab­schied empfahl er mir noch, den Horaz in die Tasche zu stecken, da gleich im Anfange recitiert würde. Ich versicherte es heilig und wäre dem Kleinen lieber um den Hals gefallen. Bald wäre ich in einem Satze zur Thüre hinausgesprungen."

Konrektor war von 1816 bis 1832 Baumgarten-Crusius, geb. 1786 zu Dresden. Der pietätvolle Sinn einer seiner Söhne hat ihm ein biographisches Denkmal gesetzt, aus dem die aus­gezeichnete Bildung, das bedeutende Wissen, die Begeisterung für seinen Beruf, die Beliebtheit bei den Schülern, die Vielseitigkeit seines Wesens hervorgeht. Er war nicht nur auf altklassischem Boden schriftstellerisch tätig; er hat auch erzieherische vaterländische Schriften verfaßt. Ja, er, der in Dresden mit Tieck, Tiedge, Friedrich Kind, Friedrich Laun verkehrte, hat sich auch dichterisch in mehreren Romanen versucht. Er gehörte also nicht zu den so oft mit Unrecht als weltfremd verschrienen Philologen. Für geschichtliche Vorgänge des Tages hatte er lebendiges Interesse und wußte davon auch den Schülern an der rechten Stelle vorzutragen, um sie, die heranreifenden Jünglinge, mit dem Leben zu verbinden.

Es ist erfreulich, in dem Tagebuche des Kreuzschülers, das mir vorliegt, die Charakteristik, die der Sohn Baumgarten-Crusius' von seinem Vater gegeben hat, bestätigt zu finden.

Neben Rektor und Konrektor wirkte als Tertius dem Namen nach Heyder, in Wirklichkeit war er schon so gut wie im Ruhestand; Kollege Quartus war Philipp Wagner; ihnen reihten sich an die Magister Liebel, Böttcher und Sillig.

Der Unterricht, den die Oberprimaner nur in 8 Stunden für sich, in den übrigen 19 mit den Unterprimanern zusammen hatten, war vor allem dem Latein gewidmet: 2 Stunden Horaz, 2 Stunden Extemporale, 2 Stunden lateinische Disputierübungen,

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/71&oldid=- (Version vom 2.3.2024)