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Einrichtungen so, wie beschlossen war, getroffen worden und[WS 1] in gutem Stande waren. So bestieg er einmal mit ihnen, Donnerstag den 9. Mai 1833, nachmittags, den Kreuzturm und ließ die auf dem Turme angebrachten Spritzen probieren. Dann besuchten sie den alten Türmer, und endlich erstiegen sie den Ort, wo die Uhrschellen sich befinden, und warteten, bis es 3/4 4 und 4 Uhr schlug.

An den Wochentagen wurden nahgelegene Punkte aufgesucht: der Große Garten und seine Rügersche Wirtschaft (jetzt die alte Wirtschaft zum Zoologischen Garten), in der damals eine Gruppe tüchtiger Bürger aus verschiedenen Ständen regelmäßig gegen Abend oder später verkehrte. Man rastete wohl auch bei „Cagiorgis“, jetzt die Torwirtschaft; oft ging es auch zu Findlaters, jetzt das erste Albrechtsschloß. Wie einfach ging es bei solchem Wirtschaftsbesuch zu! Oft wurde nur eine „labende“ Semmelmilch, kein Bier, genossen. Die Knackwürstchen schmeckten oft so gut, daß der Vater, z. B. von der Grünen Wiese, der Mutter „eine Schnur“ mit nach Hause nahm. Lange Jahre lag er mit Dresdner Freunden auf südlich und südöstlich von Dresden gelegenen Fluren der Jagd ob. Sein Jagdfreund Kaufmann E. R. Treutler ließ sich und ihn beim Jagdfrühstück im Walde ruhend abmalen.

In der Mitte der dreißiger Jahre pachtete sich der Vater in der Nähe des Marcolinischen Jagd- oder Waldschlößchens, das ja noch steht, in der Heide einen Stand zum Vogelfang, einen Vogelherd, den ich – es war ein eirunder, von nicht zu hohen Bäumen umgebener Platz – vor 1866 noch gesehen habe. Oft ging er noch in nächtlichem Dunkel mit den Söhnen oder ohne sie hinaus, um Singvögel zu fangen, die dann wohl auch zum Teil im Hause gehalten wurden. Ein junger Raubvogel hüpfte lange im Garten am Haus umher. Es war eine Rickelweihe, dem sie Sperlinge zu fressen gaben. Manchmal lassen sie ihn am langen Strick hoch steigen und ziehen ihn wieder her­unter, ein Spiel, das an das Bild von Rubens’ Söhnen erinnert, deren einer einen Stieglitz am Faden flattern läßt. In jenen Zeiten war der Vogelschutz noch wenig oder gar nicht entwickelt.

Entsinne ich mich doch, daß noch vor 55 Jahren Leipziger Lerchen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nud
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/64&oldid=- (Version vom 7.3.2024)