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im Wagen des Hofrat Pienitz, den die Eltern benutzen durften. Mit Vorliebe wandte man sich dem Plauenschen Grunde zu, der damals noch frei von Fabrikrauch war. Wie beim Hegereiter so auf der damals gerade eröffneten Grassi’schen Villa (jetzt Ge­biet des Felsenkellers) verweilt man gern. Der Vater verband mit solchen Wanderungen auch gern die Besichtigung interessanter und lehrreicher Einrichtungen.

Am Pfingstsonntag 1831 weckte er seine jugendliche Gesell­schaft, um sie zunächst einmal draußen vor der Stadt die Kanonen­schüsse hören zu lassen, für jeden Dresdner damals eine wichtige Sache! An der Annenkirche kauften sie sich Semmeln. Als sie kurz vor Reisewitzens waren, hörten sie den ersten Schuß vom Dresdner Pontonschuppen her, dann die drei Königsteiner Schüsse. Nun sahen sie sich den Sonnenaufgang an und waren, wie der junge Mensch schreibt, „in diesen herrlichen Anblick ganz ver­schwunden“. Sie erklommen hierauf die Pesterwitzer Höhe, be­suchten die zum Heben der Schachtwässer vom Kaufmann Meisel aufgestellte Dampfmaschine und ließen sich solche von einem Bergmanne erklären. Gleichzeitig standen Bergstudenten aus Freiberg dabei, die dies neue Gerät kennen lernen sollten. Kaufmann Meisel, ein Mann von eigenen Gedanken, ist später Stadtverordneter geworden und hat, wie die Akten des Rats­archivs beweisen, die damals ganz mangelhafte Buchführung auf dem Rathaus durch die Einführung der doppelten italienischen wesentlich zu verbessern versucht. Er hat aber einen langen Kampf kämpfen und die Überlegenheit dieser Methode über die ältere, einfachere in zahlreichen Eingaben nachweisen müssen, ehe er sein Ziel erreichte.

Ein andermal führte der Vater die Söhne nach einem neuen Weißeritzdurchstich. Als er später Stadtkämmerer geworden war,[1]

tat er manchen Gang, um sich zu überzeugen, ob städtische


  1. Bei seiner Anstellung war er verpflichtet worden zum Verwalter des Bauamtes und der Immobiliar-Brandkasse, zum Deputierten bei der Personen-, Scheck- und Quatember-Steuer-Einnahme, bei der Inspektion der Kirche, besonders der Sophienkirche und den Dorfkirchen, sowie zum Administrator des Sophien-Kirchenvermögens. – Über seine amtliche Tätigkeit zu berichten, ist hier nicht der Ort.
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/63&oldid=- (Version vom 7.3.2024)