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sie hatten die „große Freude“, „die Herrschaften“, an ihrer Spitze den würdigen König Friedrich August den Gerechten, zu einer Lustfahrt in die jedem alten Dresdner denkwürdige venetianische Gondel steigen zu sehen!

Weitausschauender war schon eine Fahrt mit Inspektor Blochmanns in Posthalters Wagen nach Großsedlitz. Die Kinder wurden – es war frisches Wetter – gut eingepackt, und so ging es gegen 12 Uhr fort. „Es war sehr hübsch im Sedlitzer Garten, ungeachtet er in einem altfranzösischen Style etabliert ist. Allein es ist ein so hoher Styl, daß man Respekt für den Er­finder haben muß“. Dem Vater, dem Freund der Landes­ökonomie und des Gartenbaus, machten die „pomologischen“ Anlagen des braven Hofgärtners besondere Freude. Nach herr­licher Abendfahrt kamen alle um 10 Uhr glücklich wieder heim.

Auch der Winter brachte allerhand Freuden für große und kleine Kinder. Einmal halten die „hiesigen Herrschaften“ eine brillante Schlittenfahrt ab. Alles steht auf den Straßen und sieht zu. Den Kindern wird abends die Laterna magica mit neuen „Gläsern“ vorgeführt. Schon die Verdunkelung des Zimmers läßt die Spannung gewaltig wachsen. An einem anderen Abend, es war der Geburtstag des Julius, der früh einen „Parapluie und eine französische Grammaire“ erhalten hatte, führte die liebe Mutter den Kindern „mit neuen Acteurs und Actricen“ eine Puppenkomödie auf.

Die „Comödie“ d. h. das Puppentheater war 1820 für 10 Tlr. 8 Gr. zu Weihnachten gekauft und geschenkt worden. Regelmäßig wurden auch neue Bilderbogen für die „Bildermappe“ gekauft. An ihnen haben sich noch die Enkel zwischen 1850 und 1860 erfreuen dürfen, wenn sie bei den Großeltern zu Be­such waren. Erinnerlich sind mir sehr bunt geratene Bilder­folgen: die Zauberflöte, der Freischütz, die weiße Dame; eine andere zeigte das rührende Schicksal der beiden federgeschmückten Wilden „Guma und Lina", verfolgt von den Weißen, gerettet durch gute Menschen. Interessant sind noch heute Abbildungen biedermeierlicher Zimmer- und Kücheneinrichtungen oder von Damen, die in schöner Winterkleidung zur Kirche gehen, gefolgt von der Dienstmagd, die den „Gluthund" nachträgt, das Kohlenbecken,

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/41&oldid=- (Version vom 5.3.2024)