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Da Hermann Rachel schon ein Jahr nach der Hochzeit Prutzens gestorben ist, hat er keine Gelegenheit gehabt, irgend­wie oder -wann ritterlich für die Jugendflamme einzutreten. Daß ers, wenns nötig gewesen wäre, getan hätte, wird eine später zu berichtende ritterliche Tat des jungen Mannes als wahrscheinlich hinstellen. Ida Blödes Los war kein leichtes; denn 1843 wurde Prutz aus Jena, wohin er geheiratet hatte, ausgewiesen, da er sich in einem Gedicht kühn und frei zu dem damals politisch verdächtigen Historiker Dahlmann bekannt hatte. Nach mancherlei Schicksalen wurde er 1849 außerordentlicher Professor in Halle; von hier trieb ihn 1857 / 58 die Reaktionszeit noch hinweg, und er führte bis an seinen Tod 1872 vielfach ein unsicheres Leben, erntete aber für seine Gedichte, wie schon 1841, noch im letzten Jahrzehnt seines Lebens viel Anerkennung.

Und wie des Jünglings Hermann schwärmerische Liebe zur Jugendfreundin in diesen Blättern zu seiner Charakterisierung manches ins rechte Licht gestellt hat, so ist es wohl auch richtig, aus Prutzens Gedichten einige hervorzuheben, die seine Neigung zu der jungen Dresdnerin offenbaren und somit sie charakterisieren. In diesem Buche war viel von Biedermeierzeit die Rede. Mit dem Verhältnis dieser drei und mit Prutzens Persönlichkeit und Gedichten kommt zum Schluß noch die damals neue Zeit, die Zeit des jungen Deutschland zu Wort.

Ohne tiefer in die Fülle leidenschaftlicher Liebeslieder einzudringen, ziehe ich nur die Lieder hervor, die bestimmt auf Ida Blöde gesungen worden sind, Lieder am Geburtstag der geliebten Frau, in denen er ihr dankt für das Glück, das sie und ihre Kinder[1] ihm gegeben haben und noch geben. Herzlich und offen­herzig zugleich gesteht er ein, daß sie als Dichterfrau, als Frau eines Dichters, der immer im Kampf gestanden, kein leichtes Los gezogen habe. Je älter er wird, desto inniger gedenkt er der Zeiten, da er sie – 1839 – zuerst gesehen, zuerst hat feiern können. Besonders heiß flammt es in ihm auf, als widrige Schicksale und seine eigene Kränklichkeit sie einige Zeit von einander getrennt haben, als sie, der Not und Sorge nicht mehr


  1. Eines von ihnen, der Historiker Hans Prutz, hat in „Nord und Süd“, 1914, Juliheft usw., sehr hübsche „Jugenderinnerungen eines Dank­baren“ veröffentlicht.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/224&oldid=- (Version vom 17.3.2024)