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zu sehen“. Am 14. Oktober 1837 notiert er: „zum ersten Male die Mode befolgt und ein Halseisen umgelegt“, womit er wohl hohen Halskragen oder besonders hohe Halsbinde meint. In demselben Jahre wird er mit den Seinigen in eine befreundete Familie eingeladen. „Alle saßen erwartungsvoll am Tisch, die Butter kreischte in der Pfanne, alles knackte, prasselte und zischte, und alsbald kam eine Schüssel voll Lerchen hinein.“

Sein vieles Lesen, das mit sehr kleiner Schrift geführte Tagebuch, die zahlreichen Briefe, die er verfaßte, sein Nach­schreiben in der Schule und die schlechte Beleuchtung jener Tage zwangen ihn frühzeitig zum Brillenkauf. „Entschuldige“, schreibt er einmal, „entschuldige mein Geschreibsel, das künstliche und doch schlechte Kerzenlicht will meinen Augen nicht behagen.“

Die Verkehrsverhältnisse jener Zeit beleuchtet ein längeres Geschreib über ein ihm von den Leipziger Freunden in Aussicht gestelltes Paket. Er fragt mehrere Male, und zunächst ver­geblich, auf der Post nach und klagt über ihre Saumseligkeit. Wenn er als Student während der Ferien in Dresden war, konnte er den Unterschied zwischen der Universitätsstadt und der Residenzstadt nicht immer festhalten. Nach fröhlich durchtanztem Harmonieball, nach lustiger Nachfeier in „einer Tabagie“ geht es mit den Freunden früh 4 Uhr in der Dreikönigsnacht nach Hause. Der studentische Übermut bricht sich Bahn in allerhand Tänzen und in Theaterspiel auf Markt und Gassen. Nicht ohne Grund bekam er in dieser Zeit von „den alten Herren und Damen“ in der Familie und in den befreundeten Familien den Spitznamen „der Windflügel“. Aber dieser Windflügel war schnell bei der Hand, wenn eine außerordentlich schnelle Tat zu gutem Zwecke nötig war. Am Abend des 7. April bummelt er mit einem Freund über die Brücke und erblickt in einem Pfeiler­rundteil Haufen von Menschen stehen: eine Katze sitzt auf den Pfeilerstufen und miaut kläglich um Hilfe. Advokat Hoffmann, Mitglied des Tierquälervereins, wie Rachel scherzhaft bemerkt, – es ist also ein alter Witz – will Hilfe schaffen. „Wir sagten ihm, daß wir uns entschlossen hätten, hinzufahren und den Rettungsversuch auszuführen. Bei reichbesetztem Zuschauercollegio abgefahren, mit größter Anstemmung in den Bogen stromaufwärts

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/205&oldid=- (Version vom 16.3.2024)