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Erzbischofs Ernst, eines Wettiners, im Jahre 1495 von Peter Vischer gegossen. Wie das Innere des Gebäudes, so entzückt ihn auch die Aussicht auf Stadt und Umgebung vom Turme. Bei der Besichtigung der Verkehrseinrichtungen, die ihm in Ge­sellschaft Dresdner Stadträte (sein Vater und Stadtrat Axt), sowie des Obersteuerprokurators Eisenstuck auf einer Gondel ge­boten wird, bewundert er die gesamten Anlagen, die ihm denen seiner Vaterstadt natürlich stark überlegen vorkamen. „Ein wahrer Mastenwald von Schiffen und Plätze zum Schiffsbau beleben die Ansicht. Hier stiegen wir in eine Gondel, um aufwärts bei den Strandgebäuden und Dampfschiffen vorüberzufahren. Unser Kahn war größer, höher gebordet als die derartigen in Dresden. Selbst das Fahren war schon ein anderes: der Schiffsmann in seemännischer Tracht mit wollner Zipfelmütze oder breitgekrämptem Hut stand im Hintertheil, stakte wenig, sondern war mehr mit dem Steuerruder beschäftigt, das lose schwankte. Der letzte, aber schönste Genuß: die Stadt mit ihrem Leben und Treiben, den Thürmen und Festungsmauern, links Rückblick nach Brücke, Insel und Schifferwesen, der Strom selbst durch Dampfer, größere und kleinere Fahrzeuge belebt, bis er sich hinaus in die weite Ferne dehnte, wo nur Wasser und Himmel war, alles Übrige verschwand – mitten hin zog sich eine Kette von Feuern auf den Schiffen, die mir zuletzt als rothe Punkte erschienen und gleichsam in der Abendröthe verschwammen. Heiße Sehnsucht nach der See!“

So hatte dieser kurze Aufenthalt in Magdeburg nicht nur vielerlei Anregung in Kunst, Geschichte und Verkehr geboten, nein, es zog ihn „in die Ferne gar mächtig hinaus!“

Ehe wir aber den jungen Mann als „Wanderer“ durch sein liebes Sachsenland oder im benachbarten Böhmen begleiten, seien noch einige Erlebnisse geschildert, die auf die damaligen Verhältnisse in Dresden oder auf ihn und seinen Charakter helle Lichter werfen.

Der friedlich-gemütliche Zustand unseres lieben Dresden spiegelt sich in der unter dem 22. März 1838 kurz hingeworfenen Bemerkung: „im Schlafrock und mit brennender Cigarre abends auf der Brücke umhergeschlendert, um den Eisaufbruch der Elbe

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/204&oldid=- (Version vom 16.3.2024)