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(d. h. Gaudeamus), welche auf der Brücke abgebrochen wurde. Entlassung nach allen vier Weltgegenden. Fröhliche Begrüßung von Freunden, heiteres Mittagsmahl zu Hause. Dann eilen wir zum Waldschlößchen und finden schon die ganze Rotte nieder­gelassen und fröhlich zechend. Mannigfacher Noth und Bedrängniß abzuhelfen; ich eile, schaffe und ruhe. Allgemeiner Gesang so viel als möglich hergestellt; der Mangel des allgemeinen Zusammenhaltens und eines gewählten Seniors tritt schmerzlich hervor. Die Couleuren absondieren sich und treten fast feindlich den Finken gegenüber, indem sie gegen die Bürger sich schmählich über die Finken auslassen und einen Stand schmähen, dem sie selbst an­gehören. Wothos (?) Festigkeit bricht ihre Anmaßung bei Gelegen­heit der Vivats, die allerdings zuletzt ausarteten. Eisenstuck begrüßt uns und wird mit allgemeinem Beifall empfangen. Ich meines Theils erwiderte die Begrüßung der Künstler durch passende Antwort. Aufbruch. Zug nach Stadt Leipzig.“ Hier bricht der Bericht ab.

Wenige Wochen später, am 23. Juli, unternahm der Säch­sische Hof eine Fahrt von Dresden nach Leipzig und wieder zurück an einem Tage. Zum Schutze des Publikums und der Grundbesitzer war ein großes Truppen- und Polizeiaufgebot auf­gewendet worden. Ein ironischer Berichterstatter[1] erzählt davon: Der alten Prinzessin Auguste sei doch einmal bang geworden, als der Wagen so ein bischen „geschweppert“ habe.

Der junge Mann hat übrigens, als Gast durch seine Eltern eingeführt, der Einweihungsfahrt für die Strecke Magdeburg-Leipzig beigewohnt. Nicht die Fahrt ist es, die ihn hierbei fesselt, sondern die Stadt, und er hat mit innerster Teilnahme den alten, ehrwürdigen Dom betrachtet, mit lebhafter Erinnerung die ge­schichtliche Bedeutung der Stadt genossen, namentlich aber mit offenem Sinn die Einrichtungen gesehen, die dort für den Handel und den Verkehr getroffen waren. Von allem am und im Dom begeistert ihn natürlich „das Grabmal eines Bischofs in vollem Ornat“. Es ist dies der wundervolle Sarkophag des


  1. Die ersten Fahrten auf der Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Nach dem Tagebuche eines Verstorbenen. Zeitschrift für Wandern und Reisen. Düsseldorf 1903.
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/203&oldid=- (Version vom 16.3.2024)