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Sorte: „Ja, heute haben unsere Frauen nicht gekocht, und morgen wollen sie wärmen“. Vor diesem Philistergerede ziehen sich die Musensöhne bald zurück.

Im Leben der Familie gewann das Nebenamt des Vaters insofern eine Bedeutung, als er regelmäßig zu Sitzungen nach dem Waldschlößchen ging oder fuhr. Oft nahm er dabei die Seinen mit, auch sonst lud er wohl Sonntags Verwandte und Freunde nach der Wirtschaft zum Mittagessen ein, und alle er­freuten sich des Zusammenseins und der berühmten herrlichen Aussicht von der „Waldschlößchenterrasse“. In guten Jahren stiegen seine Einnahmen, doch das blieb noch längere Zeit recht schwankend. Auch fehlte es, wenn Bericht und Generalversamm­lung kam, nicht an Ärger. Groß war der Schreck, als am 7. März 1857 die Brauerei zum großen Teile abbrannte.

Sehr wichtig erschien dem jungen Mann 1839 die Er­öffnung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, an der ja sein Bruder mit gebaut hatte. Man macht sich in unseren Zeiten keinen Begriff von der Begeisterung, die damals bei den Einsichtigen, und von den Bedenken, die bei den Ängstlichen herrschte, als das große Werk nach und nach dem Publikum zur Benutzung über­geben wurde. Der Tunnel von Oberau ist 513 m lang. In einer kleinen Schrift zu Ehren der Linieneröffnung, genannt „Erster Flug (so!) von Leipzig nach Dresden und wieder zurück auf Fittichen des Dampfes“ heißt es von ihm:[1]

Und nun – der Tunnel – Preis und Ehre
Den Meistern, die durch Grabesnacht,
Mit Gnomenvolk im Hauptverkehre,[2]
Dies Riesenwerk zu Stand gebracht!
Erhellt vom schönsten Lampenscheine,
Die man auf Tausende anschlug,
Erlaubt es unserm Weihvereine
Durch sich hindurch den Schwalbenflug.

Im April 1839 ward die erste Vollfahrt von Leipzig nach Dresden unternommen. Der Rat und die Stadtverordneten gaben den von Leipzig Zugereisten ein Festmahl in den Räumen der Harmonie. In dem Festgedicht, das die Gastgeber den Gästen widmeten,


  1. Erschienen Leipzig 1839. S. 8.
  2. Bei den Tunnelarbeiten hatten Freiberger Bergknappen mitgewirkt.
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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/201&oldid=- (Version vom 16.3.2024)