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sagt: Unter allen Bedürfnissen, die dem Deutschen un­entbehrlich sind, steht nächst dem Brote ein Trunk guten Bieres unzweifelhaft obenan. Seit Jahrhunderten ist es das eigentüm­liche deutsche Getränk, ganz für das Klima und die übrige Eigentümlichkeit des Deutschen geeignet. Aber nicht nur in physischer Hinsicht, sondern auch in moralischer Hinsicht ist es als Gegenwirkung gegen den zunehmenden Gebrauch gebrannter Wässer wichtig. Legt man diesen Vorteil in die Wage, so ist unstreitig ein gutes wohlfeiles Bier als das erste Lebensbedürfnis des Volkes zu erkennen. In Sachsen ist man in diesem Zweige der Produktion noch sehr zurück. Enorme Summen gehen all­jährlich für fremde Biere ins Ausland; nach Bayern allein jährlich 1/2 Million Taler. Dabei ist dies Bier durch Transport so teuer, daß nur der Wohlhabende es genießen kann. Aber große Mittel sind nötig, es hier zu bereiten, wo es ebenso her­gestellt werden kann wie dort. Wenn viele zusammentreten, ist es leicht möglich. Deshalb: 800 Aktien zu je 500 Tlr. zeichnen!

Zugleich wurde beschlossen, daß Stadtrat Rachel mit dem künftigen Brauereiinspektor, dem Ökonomieverwalter Edlich, nach Bayern reisen solle, um nicht nur die „dasigen“ größeren Brauereien in Augenschein zu nehmen, sondern auch einen tüch­tigen und ausgezeichneten Brauer zu gewinnen. Rachel selbst schlug vor, daß Nürnberg, Regensburg und München besucht werden sollten. In gedrängter Kürze hat er am 20. Dezember 1836 der Generalversammlung über die in Gemeinschaft mit Edlich, dem Baumeister Kluge und dem Inspektor Blochmann unternommene Reise Vortrag gehalten. In den Akten der Sozietätsbrauerei Waldschlößchen, die ich freundlicherweise ein­sehen durfte, ist nichts Schriftliches darüber zu finden gewesen, wohl aber teilt er seiner Frau in einem Briefe aus München mit, welchen bedeutenden Eindruck die große Brauerei von Pschorr auf ihn gemacht habe. Dieser Name, in Mittel- und Nord­deutschland damals kaum bekannt, jetzt ein Name von Weltruf, tauchte dabei für die Dresdner zum ersten Male auf. Aus dem Briefe geht, wie zu erwarten, hervor, daß er sehr viel ge­sehen und für seine Zwecke sehr viel gelernt habe. Nach seiner Rückkehr führte er die Verhandlungen über den Ankauf der

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/199&oldid=- (Version vom 16.3.2024)