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Almanache aus der Arnoldischen Buchhandlung zu beziehen, in denen das Schauspiel abgedruckt zu finden war. Der Leseabend gibt ihm dann Gelegenheit, die Leistungen der Teilnehmer, unter denen auch ein Leipziger Professor erscheint, eingehend zu be­urteilen. Ein festliches Mahl beschloß den literarischen Abend, an dem schöne junge Mädchen ihn ganz besonders entzückten. Anerkennenswert ist es, daß er mit seinen Freunden eine Sprechstrafkasse zur Förderung reiner Aussprache unterhielt. Oft ist davon die Rede. Gesteigertes Seelenleben bereitet ihm der Besuch des Theaters. Er ist sowohl in Dresden, wie in Leipzig fleißig hineingegangen. Mehr noch als das Drama zog ihn die Oper an. Diese Genüsse packten ihn so ganz, daß er förmliche Kritiken in seine Niederschriften mit aufnahm. Die Musik, die Sängerinnen und Sänger werden eingehend besprochen. Obwohl er selbst musikalisch nicht ausübend war, erfüllte ihn Begeisterung für Musik. So erschüttert ihn die Beethovensche dritte Leonorenouvertüre ganz gewaltig. Er hörte deutsche, wie italienische Musik sehr gern und verglich die Wirkungen beider. Ebenso reizte ihn auch der Vergleich zwischen Aufführungen derselben Oper in Dresden und in Leipzig. Mit Bewunderung nennt er Tichatschek und Wilhelmine Schröder-Devrient, von deren Euryanthe er ganz entzückt ist, deren Glut und Leben in den Hugenotten ihn be­geistern. In Leipzig zog ihn die Schönheit und die Anmut der Demoiselle Schlegel und die Tüchtigkeit Stürmers all. Er wird nicht müde, in seinem Tagebuch die Reize des Spiels der Schlegel in Gesicht und Körper zu rühmen. In seiner Leidenschaft für Theater tut er des Guten wohl auch zuviel. Er geht, auch wenn die Mittel durch geschickte „Kreditoperationen“ beschafft werden müssen. „Heute König Lear; ich mußte eben gehen.“

Natürlich geht es in Dresden bei guter Laune auch auf das „Bad“, um leichtere Ware zu sehen. Da erfreut er sich wohl am „Talisman“ von Nestroy. Hierbei bekommt Räder, der damals (1841) die Dresdner zu erfreuen begann, ein Lob. „Räder als Titus Feuerfuchs sehr gut; ausgezeichnete Improvi­sationen; seine Gestalt ist kurz, gedrungen und hat embonpoint“.

Ein günstiger Zufall fügte es, daß er in der Zeit der Ein­weihung des neuen Theaters in Dresden weilte. Am 15. April 1841

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/194&oldid=- (Version vom 15.3.2024)