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Haus hatte außer dem zwei Stock hohen Mittelbau noch einen einstöckigen Seitenanbau zur rechten und einen in den Garten von ihm selbst angebauten kleinen Saal, der nur ebenerdig war und besonders im Sommer einen bequemen Verkehr nach dem Garten gestattete. In diesen verschiedenen Baulichkeiten, die nach des Rektors Rücktritt vom Amte 1848 Sommer und Winter bewohnt wurden, gab es allerhand Treppen, Treppchen und Stiegen. Küche, Vorratskammern aller Art, Gastzimmer, Abstellräume, Kämmerchen waren bequem vorhanden. Der schönen großen Sommergartenstube entsprachen im Mittelbau mehrere zwar niedrige, aber geschützt gelegene Winterstuben, in denen es sich behaglich warm saß. Das Heiligtum des Hauses war das Studierzimmer des „Herrn Rektor“. Als er im Jahre 1854 starb, beschloß die Witwe, darin alles so stehen und liegen zu lassen, wie es am Tage seines Todes gewesen. Die Bücher­reihen, das Schreibzeug, der Wachsstock, die Pfeifen, der Stock und die Hausmütze standen oder lagen bis zum Jahre 1869, als das Haus zur Verbreiterung und zur Erschließung der Albrechts­gasse verkauft wurde, noch wie vorher; für den Besucher war in der guten Jahreszeit aber der Garten das Herrlichste. In dem Teil nach der äußeren Rampischen (jetzt Pillnitzer) Straße zogen sich die Gemüsebeete und die ausgedehnten Anpflanzungen von Stachel- und Johannisbeeren hin. Die zu Besuch anstürmenden Kinder verwandter und befreundeter Familien fanden hier reiche Befriedigung für ihre Eßlust. Die Wege waren eingesäumt von Obstbäumen, die herrliche Früchte trugen. In der Nähe des sonnigen Hauses standen hohe ernste Bäume, unter denen lauschige Plätze angeordnet waren. Der südliche Teil des Gartens zeigte schmale, geradlinige Spaziergänge, an deren Seiten hinter Buchs­baumrabatten, wie im Baumgarten, die Blumen jeder Jahreszeit dicht nebeneinander standen. Ein von Bäumen umstandenes Rundteil schied diesen Südflügel in zwei Hälften. Auf den Rasenflächen standen allerhand Obstbäume, die Kirschen oder Eier- und blaue Pflaumen, Äpfel und Birnen trugen. An der hohen, die Albrechtsgasse entlang laufenden Mauer zog sich, von blühendem Buschwerk eingesäumt, ein schattiger Gang, ein Poeten­gang, bis an das Hinterpförtchen hin. Auf einem der Gras­plätze

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/189&oldid=- (Version vom 14.3.2024)