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der einst Naturwissenschaftler oder Arzt werden will, schon hegen kann. Damals bestand in Dresden noch die medi­zinisch-chirurgische Akademie, die den Zweck hatte, Feldscherer für das Heer auszubilden. Seit 1816 hatte sie ihren Sitz im Kurländer Palais auf dem Zeughausplatze, also wenige Schritte von Hermanns väterlichem Hause auf der Schießgasse.

Am 1. Oktober 1837 machten der junge Primaner und sein Klassengenosse Leonhardi Besuch beim Prosektor der medi­zinisch-chirurgischen Akademie Dr. Günther, um sich als Mit­glieder seiner Vorlesung zu melden, die er halbjährig privatim über Osteologie hielt. Er scheint diese Vorlesungen regelmäßig besucht zu haben; einmal heißt es: „Früh betrieb ich eifriges Studium an meinem (!) Schädel.“ Im Februar 1838 besuchten sie den Dr. Günther, um für das Kollegium der Osteologie zu danken. „Der Doktor war höchst erfreut und nahm beider Dank und Bitten zuvorkommend auf. Sein richtiges Urteil ver­vollkommnete meine Ansicht über das Dresdner Akademiewesen. Initialkollegien sind mit Ausnahme von Reichenbach nicht viel wert, um so besser Choulants Pathologie und Klinik, die nach einem zweijährigen Aufenthalt in Leipzig sehr nützlich ist und sein kann.“ Bitte um fernere Unterstützung beschloß den Besuch der jungen Kreuzschüler. – Merkwürdig war, daß er, der sich aus der Schule nicht viel machte und nie auf einen seiner Lehrer zu reden kommt, dem Rektor Gröbel und seiner Familie schon als Schüler, mehr noch als Student näher trat.

Rektor Gröbel hatte seine Dienstwohnung in der alten Kreuzschule, und zwar im rechten Flügel. Es war erklärlich, daß ihm diese zum Teil recht dunkeln Gelasse in der besseren Jahreszeit nicht sonderlich gefielen. Er kaufte sich daher auf der damals ganz schmalen Albrechtsgasse, die von der äußeren Rampischen Gasse nach dem Pirnaischen Schlage führte, ein altes, aber sehr gemütliches, von Weinlaub umsponnenes Garten­vorstadthaus und legte sich einen sehr langgedehnten, nicht allzu breiten Garten an, der beinahe bis zur jetzigen Seidnitzer Straße reichte. Sowohl nahe dem Eckhause der inneren Rampischen Straße, das er später dazu kaufte, als am anderen Ende des Gartens führte ein Pförtchen hinaus auf die Gasse. Das alte

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/188&oldid=- (Version vom 14.3.2024)